CO2-Capturing: Ein wichtiger Puzzlestein für Netto-Null

Mit einer Innovation Challenge machten Swisspower Innovation und die Empa letztes Jahr eine Auslegeordnung zum CO2-Capturing. Wo die Technologie heute steht und wie auch Stadtwerke sie voranbringen könnten, erklären Orlando Gehrig, Leiter Kooperationen & Innovation von Swisspower, und Björn Niesen, Geschäftsführer des Forschungsschwerpunkts Energie der Empa.

Welche Rolle spielen CO2-Abscheidung und -Speicherung, um das langfristige Ziel einer CO2-neutralen Schweiz zu erreichen?

Orlando Gehrig: Wir gehen davon aus, dass sich die Ziele der Energiestrategie 2050 nur erreichen lassen, wenn wir der Atmosphäre auch aktiv CO2 entziehen. Gleichzeitig ermöglicht dies den Stadtwerken, zusätzliche Geschäftsmodelle zu lancieren wie etwa den Verkauf von CO2-kompensiertem Gas. Und nicht zuletzt erfordert auch das Power-to-Gas-Verfahren CO2. Gewinnen wir es beispielsweise aus der Luft, werden Power-to-Gas-Anlagen an Standorten ohne industrielle CO2-Quelle möglich.

Björn Niesen: In verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel in der Landwirtschaft ist es sehr schwierig oder nahezu unmöglich, Treibhausgasemissionen vollständig zu vermeiden. In der Viehzucht etwa stossen Millionen von Tieren Methan aus, und gedüngte Böden emittieren grossflächig Lachgas. Um in der Schweiz das Netto-Null-Ziel dennoch zu erreichen, müssen also an anderer Stelle negative Emissionen erreicht werden. Das gelingt etwa, indem Pflanzen bei ihrem Wachstum CO2 aus der Atmosphäre entziehen. So lässt sich der Kohlenstoff in Wäldern oder Holzgebäuden binden. Dieser Ansatz alleine wird allerdings nicht genügen. Zusätzlich braucht es technische Lösungen, bei denen das CO2 direkt aus der Atmosphäre oder bei einer Punktquelle wie einer Kehrichtverwertungsanlage abgeschieden wird.

Wo steht die technische Entwicklung bei der CO2-Abscheidung?

Björn Niesen: Die CO2-Abscheidung ist technisch machbar und bewährt sich bereits in Pilotanlagen. Allerdings muss vor allem beim direkten CO2-Abscheiden aus der Atmosphäre die Technologie weiterentwickelt werden, um die Kosten zu senken. Ausserdem fehlt die Infrastruktur für den Transport und die Speicherung des CO2. Gerade in der Schweiz ist der logistische Aufwand gross, weil auf absehbare Zeit im Inland keine passenden Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen. Längerfristig wird es wohl Pipelines brauchen, um CO2 im grossen Massstab zu Speicherstätten wie etwa zu leeren Erdgasfeldern unter der Nordsee zu transportieren. Das würde also bedeuten, eine CO2-Transportinfrastruktur aufzubauen, die den ganzen Kontinent verbindet.

Orlando Gehrig, Leiter Kooperationen & Innovation Swisspower AG
Orlando Gehrig, Leiter Kooperationen & Innovation Swisspower AG
«Das Thema erfordert Kooperationen, um die Investitionen zu teilen und die Risiken zu minimieren.»

Welche Rolle spielen CO2-Abscheidung und -Speicherung, um das langfristige Ziel einer CO2-neutralen Schweiz zu erreichen?

Orlando Gehrig: Wir gehen davon aus, dass sich die Ziele der Energiestrategie 2050 nur erreichen lassen, wenn wir der Atmosphäre auch aktiv CO2 entziehen. Gleichzeitig ermöglicht dies den Stadtwerken, zusätzliche Geschäftsmodelle zu lancieren wie etwa den Verkauf von CO2-kompensiertem Gas. Und nicht zuletzt erfordert auch das Power-to-Gas-Verfahren CO2. Gewinnen wir es beispielsweise aus der Luft, werden Power-to-Gas-Anlagen an Standorten ohne industrielle CO2-Quelle möglich.

Björn Niesen: In verschiedenen Bereichen wie zum Beispiel in der Landwirtschaft ist es sehr schwierig oder nahezu unmöglich, Treibhausgasemissionen vollständig zu vermeiden. In der Viehzucht etwa stossen Millionen von Tieren Methan aus, und gedüngte Böden emittieren grossflächig Lachgas. Um in der Schweiz das Netto-Null-Ziel dennoch zu erreichen, müssen also an anderer Stelle negative Emissionen erreicht werden. Das gelingt etwa, indem Pflanzen bei ihrem Wachstum CO2 aus der Atmosphäre entziehen. So lässt sich der Kohlenstoff in Wäldern oder Holzgebäuden binden. Dieser Ansatz alleine wird allerdings nicht genügen. Zusätzlich braucht es technische Lösungen, bei denen das CO2 direkt aus der Atmosphäre oder bei einer Punktquelle wie einer Kehrichtverwertungsanlage abgeschieden wird.

Wo steht die technische Entwicklung bei der CO2-Abscheidung?

Björn Niesen: Die CO2-Abscheidung ist technisch machbar und bewährt sich bereits in Pilotanlagen. Allerdings muss vor allem beim direkten CO2-Abscheiden aus der Atmosphäre die Technologie weiterentwickelt werden, um die Kosten zu senken. Ausserdem fehlt die Infrastruktur für den Transport und die Speicherung des CO2. Gerade in der Schweiz ist der logistische Aufwand gross, weil auf absehbare Zeit im Inland keine passenden Speichermöglichkeiten zur Verfügung stehen. Längerfristig wird es wohl Pipelines brauchen, um CO2 im grossen Massstab zu Speicherstätten wie etwa zu leeren Erdgasfeldern unter der Nordsee zu transportieren. Das würde also bedeuten, eine CO2-Transportinfrastruktur aufzubauen, die den ganzen Kontinent verbindet.

Wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus?

Björn Niesen: Sie hängt stark davon ab, wie hoch die Kosten für CO2-Emissionen künftig ausfallen. Die Wirtschaftlichkeit ist also nur bei geeigneten politischen Rahmenbedingungen gegeben. Allerdings ist der CO2-Preis im europäischen Emissionshandel nach wie vor viel zu tief. Gleichzeitig müssen die Kosten der CO2-Abscheidung durch die Skalierung der Anlagengrössen und die serielle Produktion weiter gesenkt werden. Zusätzlich sollten wir auch andere, billigere Ansätze für negative CO2-Emissionen vorantreiben. Dazu gehört die Bindung von Kohlenstoff in Holz oder – wie es das Swisspower-Stadtwerk IWB vormacht – die Produktion von Pflanzenkohle, die in der Landwirtschaft eingesetzt wird und so langfristig Kohlenstoff im Boden speichert.

Wie sieht die Zusammenarbeit von Swisspower und der Empa zum Thema CO2-Capturing aus?

Orlando Gehrig: Bei Swisspower Innovation bearbeiteten wir letztes Jahr drei Schwerpunktthemen in Innovation Challenges. Eine davon widmete sich dem CO2-Capturing. In Zusammenarbeit mit der Empa verschafften wir uns einen Überblick zum Stand der Technologie sowie zu Nutzen, Wirtschaftlichkeit und konkreten Möglichkeiten.

Ist das Thema nicht eine Nummer zu gross für die Stadtwerke?

Orlando Gehrig: Für die einzelnen Stadtwerke sicher. Das Thema erfordert Kooperationen, um die Investitionen zu teilen und die Risiken zu minimieren. Stadtwerke können sich an einem bestehenden Projekt beteiligen und so von wertvollen Erkenntnissen profitieren.

Björn Niesen: Ein gutes Beispiel dafür ist die Beteiligung von Swisspower am move-MEGA-Projekt der Empa zur nachhaltigen Methan-Synthese. Bei diesem Projekt scheidet eine Anlage des Schweizer Start-ups Climeworks CO2 aus der Atmosphäre ab. Es zeigt, dass in diesem Bereich schon ein kleineres Projekt wichtige Erkenntnisse liefern kann, die als Basis dienen für Anlagen in grösserem Massstab.

Wie könnten die nächsten Schritte der Stadtwerke beim CO2-Capturing aussehen?

Orlando Gehrig: Unser primäres Ziel der Innovation Challenge war, eine Auslegeordnung zum Thema zu machen. Künftig werden wir neben dem laufenden Monitoring zu den Entwicklungen in der Schweiz und im europäischen Markt Beteiligungsmöglichkeiten an bestehenden Projekten prüfen.

Björn Niesen: In Europa sind in den vergangenen Jahren verschiedene Kooperationen entstanden, um die gesamte Prozesskette von der CO2-Abscheidung aus verschiedenen Quellen über den Transport bis hin zur Speicherung oder zur Weiterverwendung gemeinsam aufzubauen und zu erproben. Es bewegt sich also schon einiges. Das ist aus meiner Sicht auch nötig: 2050 scheint zwar in ziemlich ferner Zukunft zu liegen. Doch die Planung und der Aufbau einer solch grossflächigen und kostspieligen Infrastruktur werden etliche Jahre dauern. Deshalb müssen wir jetzt damit beginnen.

Björn Niesen, Geschäftsführer, Forschungsschwerpunkt Energie Empa.
Björn Niesen, Geschäftsführer, Forschungsschwerpunkt Energie Empa.
«2050 scheint zwar in ziemlich ferner Zukunft zu liegen. Doch die Planung und der Aufbau einer solch grossflächigen und kostspieligen Infrastruktur werden etliche Jahre dauern. Deshalb müssen wir jetzt damit beginnen.»