Repowering: Mehr Strom von weniger Windturbinen

Aus 15 mach 6: Das gilt für die Anlagen des Windparks Volkmarsdorf in Niedersachsen. Dort hat Swisspower Renewables das Repowering in Angriff genommen. Warum das nötig wird und wie sein Team dabei vorgeht, erklärt Ray Zawalski, Abteilungsleiter Geschäftsentwicklung/Repowering.

Wofür steht der Begriff «Repowering»?

Ray Zawalski: Repowering bedeutet übersetzt etwa «mit neuer Kraft ausstatten». Es geht darum, ältere Windenergieanlagen durch leistungsfähigere zu ersetzen. Warum sich das lohnt, zeigen folgende Zahlen: Die derzeit 30'000 Windturbinen in Deutschland haben eine durchschnittliche Leistung von 1,5 MW. Die Anlagen der neusten Generation leisten jedoch mehr als 5 MW. Bei unserem Windpark Volkmarsdorf wollen wir durch das Repowering im Jahr 2023 die jährliche Produktionsmenge von 24 auf 90 GWh steigern, obwohl die Anzahl Anlagen von 15 auf sechs abnimmt.

Was ist der Auslöser fürs Repowering?

Bei den ältesten Windparks von Swisspower Renewables läuft demnächst die fixe Einspeisevergütung aus, die in Deutschland 20 Jahre lang gewährt wird. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es am interessantesten, die Windenergieanlagen am gleichen Standort durch neue zu ersetzen. Wenn wir damit beim Ausschreibungssystem des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes teilnehmen und wiederum den Zuschlag erhalten, bedeutet das weitere 20 Jahre lang eine gesicherte Einspeisevergütung.

Welche Alternativen gibt es dazu?

Wenn nach 20 Jahren die Einspeisevergütung ausläuft, ist ein Windpark meist noch nicht an seinem technischen Lebensende angelangt. Wir könnten daher ein Weiterbetriebsgutachten erstellen lassen, das unter anderem die Standsicherheit der Anlagen überprüft. Fällt das Gutachten positiv aus, ist ein Betrieb für bis zu zehn weitere Jahre möglich. In einem solchen Fall wird der Strom entweder an der Börse vermarktet – zu stark schwankenden Preisen, die zeitweise sogar negativ sein können. Oder wir schliessen mit einem grossen Abnehmer ein Power Purchase Agreement ab, wobei der vereinbarte Preis vergleichsweise tief liegt. Diese zwei Lösungen machen wirtschaftlich also nur Sinn, wenn kein Repowering möglich ist.

Wann ist das der Fall?

Möglicherweise stimmt der Grundstückseigentümer dem Repowering nicht zu. Oder der Artenschutz verunmöglicht eine weitere Nutzung des Grundstücks. Zudem haben in Deutschland die Bundesländer inzwischen teilweise grössere Mindestabstände von Windturbinen zu Siedlungen eingeführt, die auch beim Repowering gelten. Das führt dazu, dass immer mehr bisher genutzte Flächen künftig nicht mehr für ein Repowering zur Verfügung stehen.

Steht das Repowering noch bei weiteren Windparks von Swisspower Renewables an?

Die meisten Windparks übernahmen wir 2014. Damals waren sie teilweise schon mehr als zehn Jahre in Betrieb. Sukzessive taucht also für alle Standorte die Frage auf, ob ein Repowering möglich ist und wie es sich umsetzen lässt. Weil durch die neuen Anlagen der Nutzungszweck ändert, braucht es für die Grundstücke neue Pachtverträge. Deshalb sprechen wir frühzeitig mit den Eigentümern. Tun wir das nämlich erst kurz vor Ablauf der Einspeisevergütung, kommen uns andere sicher zuvor. Der Konkurrenzdruck um die Standorte wächst spürbar.

Welches Genehmigungsverfahren braucht es beim Repowering?

Das gleiche wie bei einem neuen Windpark. Unter anderem lassen wir den Bestand an Vögeln und Fledermäusen erheben, die naturräumlichen Gegebenheiten und die Bodenverhältnisse abklären sowie allenfalls Eiswurfgutachten und diverse technische Gutachten erstellen. Dass es alle diese Abklärungen erneut braucht, ist nachvollziehbar. Bei den Vögeln zum Beispiel können sich die Population, die Zugbahnen und das Verhalten in 20 Jahren stark verändern. Allerdings würde es unserer Meinung nach Sinn machen, die Tierbestände anders zu bewerten als bei einem Neuprojekt. Wenn sich Tiere nachträglich bei einem Windpark ansiedeln, haben sie offenbar gute Lebensbedingungen vorgefunden.

Wie verändert sich die Organisation von Swisspower Renewables in Deutschland durch das Repowering?

Wir haben uns personell und thematisch breiter aufgestellt. Nach dem Kauf der Windparks ging es vor allem ums Asset Management: um Betrieb, Instandhaltung und die Abrechnung mit den Netzbetreibern. Nun beschäftigen wir uns stärker mit Projektentwicklung, Vertragsverhandlungen mit den Grundstückeigentümern und der Öffentlichkeitsarbeit.

In der Schweiz hat es die Windkraft nach wie vor schwer. Viele Projekte sind aufgrund des Widerstands der Anwohnenden blockiert. Wie gelingt es, diesen Gegenwind abflauen zu lassen?

Man muss sich bewusst sein: Moderne Windenergieanlagen haben eine Höhe bis 250 Meter. Sie lassen sich nicht verstecken, sondern stellen einen sichtbaren Eingriff in die Lebenswelt der Anwohnenden dar. Vor allem die ältere Generation tut sich schwer damit. Deshalb muss eine solche Veränderung gut begleitet sein. Es braucht eine intensive Kommunikation und ein transparentes Verfahren, bei dem sich die Anwohnenden im besten Fall sogar einbringen können. Auch eine finanzielle Beteiligung bewirkt viel. In Deutschland sprechen wir von kleinen Beträgen ab 500 Euro, die fest verzinst werden. Unsere Erfahrung zeigt: Sobald sich Anwohnende an Windturbinen beteiligen, stören sie die Anlagen plötzlich viel weniger. Das Ziel aller Massnahmen lautet, die grosse Masse der Unentschlossenen für sich zu gewinnen. Denn die richtig harten Gegner überzeugen Sie nie.

Deutschland hat gewählt und erhält eine neue Regierungskoalition. Welche Impulse und konkreten Massnahmen für die Windkraft erhoffen Sie sich?

Mein erster Wunsch betrifft die Metaebene. Die deutsche Politik hat es sich in den letzten Jahren zu einfach gemacht und der Bevölkerung nicht die ganze Dimension der Energiewende aufgezeigt. Es wird Zeit, dass die Regierung klar kommuniziert: Durch die dezentrale Energieproduktion werden immer mehr Leute in der Nähe einer Produktionsanlage wohnen. Das gehört dazu, wenn die Energiewende gelingen soll. Neben dieser Transparenz erhoffe ich mir konkrete Verbesserungen. Erstens sollte das Ausschreibungsdesign für neue Windparks so geändert werden, dass der jährliche Deckel der ausgeschriebenen Produktionsmenge entfällt. Zweitens macht es Sinn, die pauschalen Abstände zu Siedlungen abzuschaffen und stattdessen die Akteure vor Ort darüber entscheiden zu lassen. Denn sie können die Situation besser abschätzen. Gerade beim Repowering ist die Akzeptanz der Bevölkerung oft auch bei geringeren Abständen gegeben, weil sich die Standorte etabliert haben. Drittens wünschen wir uns ein vom Bund vorgegebenes, schnelles und einheitliches Verfahren zur Ausweisung von Flächen für die Windkraft. Heute nutzt Deutschland nur 0,5% der Landesfläche für die Windenergie. Mit Blick auf die Energiewende sollte das Ziel 2% sein.

Swisspower Renewables in Deutschland

Die Swisspower Renewables GmbH ist eine deutsche Tochtergesellschaft der Swisspower Renewables AG mit Sitz in Berlin. Sie betreibt 23 Windparks in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, dem Saarland und Sachsen. Die Windenergieanlagen haben eine installierte Leistung von insgesamt 200 MW und produzieren jährlich 345 GWh Strom.

Erfahren Sie mehr.