Zukunftsperspektiven – ein Bericht über das erste Swisspower Summercamp

Während drei Tagen sind Studierende in die Welt der Stadtwerke eingetaucht. In Aarau, Winterthur und Basel haben sie sich mit diversen Energie-Expert:innen ausgetauscht und sich damit auseinandergesetzt, wie Fernwärme funktioniert und welche Massnahmen die Swisspower-Stadtwerke ergreifen, um die Energiezukunft effizient, nachhaltig und erneuerbar zu gestalten.

Systemrelevantes Energiesystem

Dass die Energiebranche systemrelevant ist, wurde uns spätestens letzten Winter allen bewusst. Eine Strommangellage und die daraus entstehenden Folgen zeichneten unschöne Endszenarien auf. Gleichzeitig stellt uns der Klimawandel vor grosse Herausforderungen. In den nächsten Jahren soll die Energieversorgung der Schweiz nicht nur sicherer, sondern auch unabhängiger und erneuerbarer werden. Die Stadtwerke sehen dies zwar als Herausforderung, aber ebenso als grosse Chance; für den Umbau des Energiesystems ist ihr Fachwissen unersetzlich.

Damit sie ihre wichtige Aufgabe auch zukünftig ausführen können, sind sie auf talentierte Mitarbeitende angewiesen. Diese zu finden, gestaltet sich aktuell jedoch schwierig. Am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen sind kleine und mittelgrosse Energieversorgungsunternehmen (EVU), aber auch der Druck auf grosse EVU nimmt stetig zu. Während sich die Suche nach Lehrlingen und talentierten Fachkräften schwierig gestaltet, steht gleichzeitig der Ruhestand der Generation der Babyboomer und somit der Verlust ihres Wissens für die Branche bevor. Wie können diese Lücken geschlossen werden?

Diesen September hat Swisspower zum ersten Mal das Swisspower Summercamp durchgeführt. Das Ziel des Camps war es, interessierten jungen Menschen zu zeigen, wie divers, spannend und wichtig die Arbeit in der Energiebranche - bei unseren Stadtwerken - ist. Während drei Tagen konnten wir Studierenden diverser Fachrichtungen aus der ganzen Schweiz eine Zukunftsperspektive in der Welt der Stadtwerke präsentieren. Damit wir uns nicht in der Energiebranche verlieren, wurde der thematische Schwerpunkt auf die Fernwärme gesetzt.


Energiezentrale Kasinopark
Energiezentrale Kasinopark

Von Wärmestrategien und erneuerbarer Energieproduktion

Gebäude verbrauchen aktuell 40% der Energie in der Schweiz; der grösste Teil davon geht auf den Wärmeverbrauch zurück. Der Umbau des Wärmenetzes bietet einen sehr effektiven Hebel, wenn Emissionen eingespart werden sollen. Um eine Einführung ins Thema zu erhalten, präsentierte Hans-Kaspar Scherrer, CEO der Eniwa, am ersten Tag die Wärmestrategie der Stadt Aarau. Eniwa hat sich zum Ziel gesetzt, ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf Netto-Null zu reduzieren. Dafür wird das Fernwärmenetz kontinuierlich ausgebaut. Zur Verbildlichung der theoretischen Ausführungen wurde am Nachmittag durch die Energiezentrale Kasinopark geführt. Diese Zentrale ist die älteste der Stadt und liefert bereits seit 2014 erneuerbare Energie. Der Tag in Aarau bot spannende erste Einblick in mögliche Zukunftsperspektiven der Wärmeversorgung.






KVA Winterthur
KVA Winterthur

Effiziente Fernwärmenutzung und was sie mit Kehrichtverbrennung zu tun hat

Der zweite Tag startete mit leckeren Spitzbuben in der Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) des Stadtwerks Winterthur. Nach einem Input darüber, wie die Abwärme der KVA für die Fernwärme genutzt werden kann, folgte eine ausführliche Besichtigung. Es wurden viele Fragen gestellt, diskutiert und besprochen und vom vorhandenen Expertenwissen profitiert. Die Teilnehmenden haben gelernt, dass Kehricht in der Schweiz oft entsorgt wird; nachdem er von der Müllabfuhr abgeholt wurde, denken die meisten Menschen nicht mehr daran. Dass er eine wichtige Wärmequelle ist, ist vielen nicht bewusst.

Am Nachmittag wurde eine Quartierheizzentrale mit Holzkraftwerk (HKW) besichtigt. Hier haben die Fachpersonen des Stadtwerks hervorgehoben, wie sich die unterschiedlichen lokal produzierten erneuerbaren Energien ergänzen. Wenn die Energie der KVA nicht reicht, springt das HWK ein. Dieses verbrennt in Winterthur nur Holz aus der Region. Bis zu 60 m3 Holz kann der Heizkessel täglich verbrennen, um die Spitzenlasten des Versorgungsgebiets im Winter zu decken. Als zusätzliche Reserve steht ein riesiger Wassertank bereit, der als Speicher dient.

Die Studierenden waren fasziniert davon, wie sich die verschiedenen Komponenten des Wärmenetzes ergänzen und wie lokale Ressourcen (Abfall und Holz) genutzt werden, um die umliegenden Quartiere zu heizen. Trotz dieses sehr effizienten Kreislaufs entstehen jedoch sowohl bei HKWs als auch bei einer KVA Abfälle, die bestehend bleiben und deponiert werden. Mit dem Hinweis, doch bitte so wenig Abfall wie möglich zu produzieren und diesen unbedingt richtig zu trennen, wurde die Summercamp-Gruppe nach Basel entlassen. Dort haben wir ein leckeres Abendessen in einem alten Wasserwerk genossen und konnten den intensiven Tag bei einem Bier in der historischen Markthalle ausklingen lassen.



Im Rheindüker
Im Rheindüker

Von Visionen und davon, wie diese in die Tat umgesetzt werden

In Basel wurde die Swisspower-Gruppe im eindrucksvollen Hauptsitz der IWB begrüsst. Die Teilnehmenden waren nicht nur begeistert vom Springbrunnen, der im Empfangsbereich steht, sondern ebenso sehr von den ambitionierten Zielen des Basler Energieversorgers, das städtische Fernwärmenetz bis 2035 vollständig zu dekarbonisieren. Auf die Frage, ob dieses grosse Ziel denn realistisch erreichbar ist, haben die Verantwortlichen der IWB nur lächelnd genickt. «Man muss halt einfach anfangen», lautete die Antwort. Die erneuerbare Energietransformation in Basel ist im Gange, und sie wird Meter für Meter in Form von Fernwärmeleitungen geplant.

Die Swisspower-Gruppe hat sich an diesem Tag auf die Spuren der Fernwärme gemacht und die Stadt von einer ganz neuen Seite entdeckt. Wir sind mit ihr im Dolder-Speicher gestartet, der mit einer Kapazität von 100 MW Energie speichern und Lastspitzen abfedern kann. Danach ist die Gruppe neben den Leitungen 20 Meter in die Tiefe gestiegen, um den Rhein im sogenannten Rheindüker zu unterqueren. Nach der Besichtigung einer unterirdischen Beimischstation im neu geplanten Volta-Nord-Quartier sind wir durch einen weiteren Leitungstunnel zur Basler KVA spaziert. «Alles wird Abfall – je später, desto besser» steht dort an der Wand, was die nachhaltigen Ressourcenkreisläufe, über die wir so viel gelernt haben an diesen drei Tagen, nochmals ziemlich gut auf den Punkt gebracht hat.

Bei einem ausgiebigen Apéro bot sich dann noch ein letztes Mal die Chance, im persönlichen Gespräch mehr über die Energiewende und allfällige Karrieremöglichkeiten bei IWB zu erfahren.



Die Energiewende findet Stadt

In den drei Tagen ist den Teilnehmenden bewusst geworden, wie viel Pionierarbeit die Stadtwerke leisten. Dass sie ihre Zukunftsvisionen immer im Blick behalten, diese Planungsschritt für Planungsschritt realisieren und alle Komponenten des Systems sorgfältig aufeinander abstimmen.

Zum Abschluss hat eine Teilnehmerin, die an der HSLU Energy Environment System Engineering studiert, das Summercamp, wie wir finden, treffend zusammengefasst: «Das Summercamp hat mich gerade richtig für das kommende Semester motiviert. Es hat mir nochmals aufgezeigt weshalb ich studiere und welche praktischen Anwendungen all die gelernte Theorie hat. Diese drei Tage waren super!». Die Stadtwerke bieten vielversprechende Zukunftsperspektiven. Sowohl als potenzielle Arbeitsplätze für Studierende und Lernende, als auch für die Schweizer Bevölkerung als Ganzes. Sie sind wichtige Treiber auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Schweiz.