«Die Senkung des Wasser­zinsmaximums ist ein Schritt in die richtige Richtung»

Der Bundesrat hat die Vernehmlassung zur Revision des Wasserrechtsgesetzes eröffnet, die kurzfristig eine Senkung des Wasserzinsmaximums und ab 2023 ein flexibleres Berechnungsmodell für den Wasserzins vorsieht. Wie Swisspower die Revision beurteilt, erklärt Jan Flückiger, Leiter Public Affairs

Die heutige Regelung für den Wasserzins muss 2020 durch eine neue abgelöst werden. Welche Teile des bisherigen Systems haben sich aus Sicht Swisspower bewährt? In welchen Bereichen besteht Handlungsbedarf?

Jan Flückiger: Unbestritten ist, dass Standortgemeinden und -kantone von Wasserkraftwerken für die Nutzung der Ressource Wasser abgegolten werden sollen. Gleichzeitig ist aber die Wasserkraftproduktion unter den aktuellen Marktbedingungen massiv unter Druck. Der Wasserzins ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen, während die Strommarktpreise in den vergangenen Jahren eingebrochen sind. Dabei hat die Politik nicht berücksichtigt, dass sich die höheren Kosten für den Wasserzins seit der Teilmarktöffnung von 2009 nicht mehr vollständig auf die Kunden überwälzen lassen. Damals gingen die Fachleute von weiter steigenden Marktpreisen aus. Nun braucht es eine Reform, die den veränderten Rahmenbedingungen gerecht wird.

Die Betreiber von Wasserkraftwerken fordern ein System, das die Marktentwicklung berücksichtigt. Wie sieht ein solches aus?

Das neue System, das nun auch vom Bundesrat vorgeschlagen wird, sieht einen fixen Anteil für die Abgeltung der Ressource Wasser vor. Daneben gibt es einen variablen Teil, der dann zum Zuge kommt, wenn die Marktpreise über den durchschnittlichen Gestehungskosten für die Stromproduktion aus der Wasserkraft liegen. Der variable Teil steigt dann proportional zu den Marktpreisen an (siehe Grafik). Die Standortgemeinden und -kan­tone werden also angemessen am Gewinn der Kraftwerksbetreiber beteiligt.

Wie beurteilt Swisspower dieses Modell?

Wir hätten es begrüsst, wenn der Bundesrat den Wechsel hin zu einem flexiblen Modell früher als 2023 vorgesehen hätte. Im Sinne eines Kompromisses können wir aber mit der Übergangsregelung leben. Die Senkung des heutigen Wasser­zinsmaximums von 110 CHF/kW auf 80 CHF/kW ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es braucht jedoch möglichst schnell Klarheit, wie das Modell ab 2023 aussehen soll. Nur so erhalten die Produzenten die nötige Sicherheit für Investitionen in neue Kraftwerke sowie in die Sanierung und Erweiterung bestehender Anlagen.

Kritiker aus den Berggebieten bemängeln, Städte und Kantone als Eigner der Produktionsunternehmen wollten sich mit den Änderungen auf Kosten der Berggebiete bereichern. Was sagen Sie zu diesem Argument?

Von einer Bereicherung kann unter den aktuellen Marktbedingungen sicher nicht die Rede sein. Es geht vielmehr darum, einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Berggebiete und jenen der Stromproduzenten und -konsumen­ten zu finden. Denn die Wasserkraft trägt wesentlich zur Versorgungssicherheit und somit zum Gemeinwohl in der Schweiz bei. Die Bevölkerung hat deutlich Ja gesagt zur Energiestrategie 2050. Für deren Gelingen sind die langfristige Sicherstellung und der Ausbau der Stromproduktion aus Wasserkraft unabdingbar. Es ist auch im Interesse der heutigen Standortgemeinden und -kantone, dass die dortige Produktion langfristig gesichert wird.

Das Parlament wird sich ab 2018 mit dem Dossier befassen. Wie bringt sich Swisspower bei dieser Debatte ein?

Das beginnt schon jetzt, indem wir uns an der Vernehmlassung beteiligen. Parallel zu diesem formellen Weg führen wir persönliche Gespräche mit Vertretern der Verwaltung und des Parlaments. Zudem ist es wichtig, innerhalb von Swisspower frühzeitig über das künftige Marktdesign zu diskutieren, das im Parlament voraussichtlich zeitgleich mit dem neuen Modell zum Wasserzins behandelt wird. Die konsolidierte Position von Swiss­power sollte bereits vorliegen, wenn die politische Debatte dazu beginnt.

Seit dem 1. Juli vertreten Sie als Leiter Public Affairs die Interessen von Swisspower auf Stufe Bund und Kantone. Wie gehen Sie dabei vor?

Von zentraler Bedeutung sind einerseits die Kontakte mit Schlüsselpersonen aus Politik und Verwaltung und andererseits der Dialog innerhalb von Swisspower, um zu wichtigen Themen frühzeitig Positionen zu formulieren. Dadurch stärken wir unsere Rolle als gemeinsame Stimme der Stadtwerke. Zusammen mit bewährten Partnern wie etwa dem Städteverband wollen wir noch mehr Einfluss auf energiepolitische Gremien wie die Energiedirektorenkonferenz nehmen. Ich bin überzeugt, dass wir am meisten mitgestalten können, wenn wir uns bei neuen Themen möglichst früh einbringen. Das gilt auch auf Ebene der Kantone und der Städte. Swisspower will die Aktionäre bei energiepolitischen Diskussionen als Dienstleister unterstützen – sie etwa zum Vorgehen beraten und ihnen Argumentarien liefern. Zurzeit befinde ich mich auf einer kleinen Tour de Suisse. Ich stelle mich bei allen Swisspower Stadtwerken persönlich vor, lerne sie besser kennen und nehme ihre Anliegen und Erwartungen an meine Arbeit entgegen.