Kein Auslaufmodell

Artikel von Paul Marbach, Geschäftsführer StWZ Energie AG

Zweifellos hat der Erdgas-Streit zwischen Russland und der Ukraine in den letzten Monaten dem Ansehen des Energieträgers geschadet. Erdgas wird plötzlich mit Abhängigkeit und Engpässen assoziiert – dies trotz der sicheren und breit abgestützten Versorgung in der Schweiz. Auf politischer Ebene könnte das den Reflex verstärken, vom Erdgas wegzukommen. Und dies ausgerechnet in einer Zeit, in der kantonale Energiestrategien und Richtpläne die künftige Bedeutung des Erdgases ohnehin schon beschränken wollen.

Selbstverständlich unterstützen auch wir das Ziel, den Schweizer Energiebedarf langfristig zu einem grossen Teil durch erneuerbare Energien zu decken. Doch auf dem Weg dorthin soll Erdgas nicht eine kleinere, sondern zunächst eher eine grössere Rolle spielen. Denn nach wie vor gilt: Jede moderne Gasheizung, die eine alte Ölheizung ersetzt, entlastet das Klima deutlich und das zu vertretbaren Kosten.

Noch besser sieht die Energiebilanz bei den Strom produzierenden Gasheizungen aus. Diese erreichen einen Wirkungsgrad von bis zu 95 Prozent. Deshalb hat die StWZ Energie AG kürzlich in zwei Zofinger Mehrfamilienhäusern eine solche Anlage realisiert. Mit dieser lässt sich im Vergleich zur herkömmlichen Energieversorgung mit Strom aus dem Netz und Wärme aus einem Heizkessel bis zu 30 Prozent Primärenergie einsparen. Zudem produzieren Anlagen dieser Art vor allem im Winter Strom, wenn die erneuerbaren Energiequellen weniger davon liefern. Auch wird der Strom dort verbraucht, wo er entsteht. So lässt sich auf längere Sicht Geld für den Ausbau des Übertragungsnetzes einsparen.

Solche Argumente müssen wir Stadtwerke den Politikern und Verwaltungsstellen noch stärker vor Augen führen. Die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile von Erdgas sind ihnen zu wenig bewusst. Beispielweise steht in der neuen Energiestrategie des Kantons Aargau, für welche gerade die Anhörung begonnen hat: «Wo keine Alternative aus erneuerbaren Energien vorhanden ist, ist Erdgas gegenüber anderen fossilen Energieträgern zu bevorzugen.» Dieses «Entweder-oder» greift aus meiner Sicht zu kurz. Denn Erdgas ist nicht nur ein Lückenbüsser für die erneuerbaren Energien, sondern kann sie massgeblich voranbringen. Stichworte dazu sind etwa Biogas, die Kombination von Gasheizungen mit Solaranlagen, Zweistoffheizungen Holz/Erdgas sowie künftig das synthetische Erdgas aus überschüssigem Windstrom – lauter Anwendungen, die die Energiewende unterstützen. Erdgas ist also noch längst kein Auslaufmodell.