Neues Kraftwerk Aarau wird 20 Prozent mehr erneuerbaren Strom produzieren

Eniwa hat das Erneuerungsprojekt für das Kraftwerk Aarau optimiert. Die Projektanpassungen bringen gleich mehrere Vorteile: Der Fischabstieg lässt sich nach heutigen Erkenntnissen bestmöglich gewährleisten. Die Produktion wird trotz Verdopplung der Restwassermenge um über 20 Prozent erhöht. Und die Produktionskosten sinken. Das neue Kraftwerk soll 2024 ans Netz gehen und wird jährlich rund 130 GWh erneuerbaren Strom produzieren.

Im Mai 2017 hat Eniwa die Konzession für das Wasserkraftwerk Aarau angenommen. Seit der Auflage des Erneuerungsprojekts für das Kraftwerk im Jahr 2013 haben sich allerdings die Rahmenbedingungen wie Strommarkt, Währungssituation und regulatorische Vorgaben grundlegend verändert. Um diesen Rahmenbedingungen und den Anforderungen in Bezug auf Stromproduktion, Betrieb und Umweltverträglichkeit langfristig besser zu entsprechen, wurde zwischen 2017 und 2018 der geplante Kraftwerksneubau weiterentwickelt und optimiert.

Das Optimierungskonzept besteht aus einem vollständigen Rückbau der heutigen Anlagen und einem Neubau mit Entkopplung der Funktionen Stromproduktion, Hochwasserentlastung und Fischaufstieg und -abstieg. Mit drei neuen, fischfreundlichen Rohrturbinen kann bereits nach dem Umbau ein grosser Schritt zur Reduktion der Fischmortalität gemacht werden. Liegen dereinst neue Erkenntnisse vor, lassen sich weitere bauliche Anpassungen einfacher und ohne Einfluss auf die stets zu gewährleistende Hochwassersicherheit vornehmen.

Neues Design der Kraftwerkszentrale

Aufgrund der völlig unterschiedlichen Geometrien der bisherigen Kaplan-Turbinen und der künftigen Rohrturbinen können letztere nicht in die bestehenden Gebäude eingefügt werden. Deshalb hat sich Eniwa entschieden, auf nicht mehr benötigte Kraftwerkshallen komplett zu verzichten und nur noch die absolut notwendigen Kubaturen für die benötigten Funktionsgruppen zu bauen. Diese wurden durch Architekten und Landschaftsplaner gestaltet und optimiert, um den hohen Anforderungen an Funktionalität und Ästhetik zu genügen. Mit dem neuen Zentralendesign entsteht eine attraktive Transparenz im Aareraum: Vom Pont Neuf werden künftig nicht mehr die mächtige Silhouette der beiden Kraftwerkshallen und der Kraftwerksturm sichtbar sein. Stattdessen ist der Blick in den Kanalraum bis nach Erlinsbach gewährt. Gleiches gilt natürlich auch für die Kanaluferwege, von welchen aus neu die Altstadt von Aarau zu sehen ist.

Eine weitere Projektänderung betrifft den vollständigen Rückbau des Mitteldamms, der aus der gestaffelten Bauphase der beiden Kanäle 1 und 2 vor über 100 Jahren stammt. Im bewilligten Projekt 2013 wurde bereits die Hälfte des noch bestehenden Mitteldamms entfernt. Mit der Optimierung 2019 soll nun auch der letzte rund 800 Meter lange Teil des Mitteldamms entfernt werden, was zu tieferen Bau- und Unterhaltskosten sowie zu einer höheren Produktionsleistung führt.

Massnahmen zugunsten der Umwelt

Die Optimierung des Aarauer Wasserkraftwerks ist nicht nur mit technischen Eingriffen, sondern auch mit einem reichhaltigen Auflagenpaket zugunsten der Umwelt, der Fischfauna und Wasserlebensräume sowie zugunsten des gesamten von der Wasserkraftnutzung betroffenen Raums als Naherholungsgebiet verbunden. Ein Teil der Massnahmen sind sogenannte «Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen» (AEM), also positive Veränderungen der Landschaft als Kompensation für die Beanspruchung der durch die Wasserkraftnutzung umgestalteten Landschaftsteile. Durch mehrere Massnahmen wie Wegverbreiterungen, eine neue Unterwasserbrücke, die Neugestaltung des Inseli sowie weiterhin vier Brücken über den Kraftwerkskanal bleibt das Konzessionsgebiet als Freizeit- und Erholungsraum attraktiv. Mit weiteren Massnahmen entlang der Kanalböschungen und bei der Mündung Erzbach wird der ökologische Mehrwert des Mitteldamms kompensiert.

Die Projektanpassungen bringen gleich mehrere Verbesserungen: Der Fischabstieg lässt sich nach heutigen Erkenntnissen bestmöglich gewährleisten. Die Produktion wird trotz Verdopplung der Restwassermenge um über 20 Prozent erhöht. Und die Produktionskosten sinken – je nach Unterstützung für die Fischmigrationsmassnahmen und Fördermittelzusage des Bundes für das Projekt – auf Marktpreisniveau.

Das weitere Vorgehen

Eniwa hat sowohl die Mitglieder der von den beiden Kantonen Aargau und Solothurn eingeladenen Begleitgruppe wie auch die Bevölkerung über die Änderungen informiert. Sie können nun in die Unterlagen Einsicht nehmen und an der Mitwirkung teilnehmen. Das Projektteam der Eniwa AG wird dann diese Anregungen prüfen und gegebenenfalls noch in die Projektierung einfliessen lassen. Noch vor den Sommerferien wird das vollständige Dossier mit den Projektanpassungen und notwendigen Ergänzungen den beiden Kantonen zur Vorprüfung und Bewilligung eingereicht. Eniwa geht davon aus, dass bis März 2020 alle notwendigen Bewilligungen vorliegen werden, damit anschliessend mit der Detailplanung und Ausführung gestartet werden kann.

Damit das heutige Kraftwerk zurückgebaut und das neue Kraftwerk erstellt werden kann, muss vorab das neue Unterwerk an der Erlinsbacherstrasse erbaut und in Betrieb sein. Da heute noch einige Netz- und Schaltfunktionen in den Gebäuden des Kraftwerks untergebracht sind, muss hier als erster Schritt eine vollständige Entflechtung durchgeführt werden, bevor mit dem Rückbau der Zentrale 2 gestartet werden kann.

Im Interesse aller

Eniwa hat sich wiederum im Bereich der Fischökologie mit mehreren Experten auseinandergesetzt und die nach heutigem Wissensstand bestmögliche Lösung projektiert. Die aus Sicht der Umweltverbände wesentlichen Defizite des Projekts 2013 können mit den nun gewählten Lösungen behoben werden. Sollte es bereits im Rahmen der Mitwirkung kritische Hinweise geben, wird Eniwa das Gespräch suchen und die Hinweise prüfen.

Wenn alle Teilprojekte plangemäss durchgeführt werden können, wird Eniwa das neue Kraftwerk im Jahr 2024 am Netz haben und jährlich rund 130 GWh erneuerbare Energie aus Wasserkraft einspeisen können. Damit verbleiben wertvolle 61 Jahre für die Produktion und für die Amortisation der grossen Investition. Mit dem Wegfall der Kernenergie in den nächsten beiden Jahrzehnten wird die Laufwasserkraft zu einer noch wichtigeren Stütze der nationalen Stromversorgung, aber auch der regionalen Versorgung.