Der Nationalrat hat in der Sommersession das CO2-Gesetz beraten und ist dabei im Wesentlichen den Beschlüssen des Ständerates gefolgt. Swisspower beurteilt das Gesetz insgesamt positiv. Der grösste Wermutstropfen sind die CO2-Grenzwerte für den Heizungsersatz bei Altbauten. Ab 2023 sollen pro Jahr und m2 Energiebezugsfläche nur noch 20 kg CO2 ausgestossen werden dürfen. Dieser Grenzwert sinkt alle 5 Jahre um weitere 5 kg.
Was bedeuten die Grenzwerte, insbesondere für Gasheizungen? Faktisch werden Gasheizungen innert weniger Jahre so unattraktiv gemacht, dass es einem Verbot gleichkommt. Leider wurde das in dieser Deutlichkeit weder vom Bundesrat noch von der Verwaltung kommuniziert. Im Gegenteil: Seit der Bundesrat das Konzept der Grenzwerte vorgeschlagen hat – also schon im Dezember 2017 – hat er nie transparent über die Folgen dieses massiven Eingriffs in die Hoheit der Kantone und in die Wahlfreiheit der Hauseigentümer informiert. Das ist bemerkenswert. So musste das Parlament quasi im Blindflug darüber entscheiden.
Mangels transparenter Daten seitens der Bundesverwaltung stütze ich mich im Folgenden auf Zahlen der Energiedirektorenkonferenz der Kantone (EnDK), die eine Übersicht über den CO2-Ausstoss einzelner Heizungs- und Gebäudetypen erstellt hat. Daraus lässt sich berechnen, in welchen Gebäuden überhaupt noch Gasheizungen möglich wären – beziehungsweise welcher Anteil an erneuerbaren Gasen dazu nötig wäre.
Immerhin will der Nationalrat Biogas bis zu 100% anrechnen – allerdings nur, wenn gleichzeitig die Gebäudehülle saniert wird. Gemäss Bundesrat und Ständerat hätte Biogas gar nur zu 50% angerechnet werden sollen, auch hier ohne wirkliche Begründung. Konkret hätte das geheissen: Jemand, der seine Gasheizung bewusst mit 100% Biogas betreibt, wäre immer noch so behandelt worden, als würde er mit 50% Erdgas heizen.
In welchen Gebäuden lassen sich also künftig noch Gasheizungen einsetzen? Wir nehmen als Referenzjahr das Jahr 2028 mit einem Grenzwert von 15 kg/m2: Die Eigentümer eines Hauses der Effizienzklasse G – immerhin rund 30% des Bestands – können nur dann noch eine Gasheizung einbauen, wenn sie gleichzeitig die Gebäudehülle sanieren. Ein Gebäude der Effizienzklasse F müsste mit 90% Biogas betrieben werden. Wird gleichzeitig die Gebäudehülle verbessert, sinkt der Anteil auf 45%. Bei der Effizienzklasse D braucht es 46% Biogas bzw. 23% mit Massnahmen an der Gebäudehülle.
Es wird schnell ersichtlich, dass Gasheizungen in den allermeisten Fällen nicht mehr realistisch sind. Ein solch hoher Anteil Biogas in Kombination mit Investitionen in die Gebäudehülle ist für Hausbesitzer finanziell nicht attraktiv. Die Gefahr besteht, dass stattdessen zahlreiche Wärmepumpen in schlecht isolierten Gebäuden eingesetzt werden. Das ist auch aus einer klimapolitischen Sicht nicht sinnvoll. Denn im Winter importiert die Schweiz immer noch einen hohen Anteil Strom aus fossilen Quellen.
Die Swisspower-Stadtwerke setzen sich für die vollständige Dekarbonisierung der Wärmeversorgung ein. Der Umbau braucht jedoch Zeit. Insbesondere die Erhöhung des Anteils erneuerbarer Gase findet nicht von heute auf morgen statt. Das Potenzial ist jedoch gross: Künftig werden Überschüsse an erneuerbarem Strom im Sommer zunehmen. Daraus lässt sich synthetisches Gas gewinnen und im Winter in WKK-Anlagen CO2-neutrale Wärme und wertvoller Winterstrom generieren.
Mit dem Weg, den Bundesrat und Parlament eingeschlagen haben, besteht die Gefahr, dass Gasnetze frühzeitig zurückgebaut und abgeschrieben werden. Für einen netzkonvergenten Umbau der Energieversorgung stehen sie dann nicht mehr bereit. Den Stadtwerken werden so auch zunehmend die Mittel fehlen, um in die erneuerbare Wärmeversorgung – mit Fernwärme oder erneuerbaren Gasen – zu investieren.
Es bleibt zu hoffen, dass die Kantone und die Energieversorger bei der Umsetzung des Gesetzes vorgängig angehört und sämtliche Spielräume für pragmatische Lösungen genutzt werden. So dürfen zum Beispiel energieeffiziente Areallösungen nicht mit isolierten Gebäudegrenzwerten zunichtegemacht werden. Die Kantone werden beim Vollzug der neuen Bestimmungen eine Schlüsselrolle spielen. Die Stadtwerke unterstützen sie gerne dabei.