Das CO2-Gesetz geht in die richtige Richtung – aber es fehlt ein wichtiger Baustein

Der Bundesrat hat ein neues CO2-Gesetz in die Vernehmlassung geschickt. Es ist das Gegenteil der im Juni abgelehnten Vorlage: Anreize statt Abgaben, Übersichtlichkeit statt umfassender Regelung. Und das ist richtig so. Doch dem Gesetz fehlt ein wichtiger Baustein: Der Ausbau thermischer Netze. Zudem enthält es einen heiklen Punkt.

Von Philipp Mäder, Leiter Public Affairs & Kommunikation

Das Nein vom 13. Juni 2021 sitzt den Klimapolitikern noch immer in den Knochen: Nach langer Zeit schaffte es die SVP wieder einmal, ein neues Gesetz im Alleingang zu Fall zu bringen. Swisspower setzte sich stark für das neue CO2-Gesetz ein. Umso bedauerlicher ist es, dass es in der Kampagne nicht gelang, eine Mehrheit von Volk und Ständen von den dessen Vorteilen zu überzeugen.

Nun hat Bundesrätin Simonetta Sommaruga ein neues CO2-Gesetz in die Vernehmlassung geschickt. Und dieses ist so ziemlich das Gegenteil der im Juni abgelehnten Vorlage. Das neue Gesetz arbeitet mit Anreizen, anstatt die Abgaben auf Benzin und CO2 zu erhöhen und Ölheizungen faktisch zu verbieten. Es ist schlank statt überladen. Swisspower unterstützt auch diese neue, bescheidenere Stossrichtung des Bundesrates. Nicht zuletzt im Sinne der Mehrheitsfähigkeit an der Urne.

Angesichts der linken und rechten Parteien, die sich eineinhalb Jahre vor den eidgenössischen Wahlen bereits in Richtung Wahlkampf verabschieden, wird es aber auch diese neue Vorlage schwer genug haben. SP und Grüne wollen ihre eigene Volksinitiative für einen milliardenschweren Klimafonds vorantreiben. Dabei ist es mehr als offen, ob sie eine realpolitisch ausgerichtete, kleine Revision des CO2-Gesetzes mittragen. Die SVP wiederum will gar nichts Zusätzliches machen fürs Klima, wie sie in den letzten Monaten mehrfach gezeigt hat.

Keine einfache Ausgangslage für Parlament und Bundesrat. Sie müssen nichtsdestotrotz eine gesetzliche Grundlage auf die Schiene bringen, welche die Umsetzung der Energiestrategie 2050 voranbringt. Wohlweislich hat der Bundesrat das Gesetz mit dem Zusatz «2025-2030» versehen und mehrere Massnahmen darin befristet. So macht er klar, dass es sich nur um eine Übergangslösung handelt. Das Gesetz reicht im besten Fall, den Ausstoss von CO2 bis 2030 zu halbieren – aber niemals, um bis 2050 netto Null zu erreichen.

Trotzdem: Aus Sicht der urbanen Bevölkerung gehen darin vor allem zwei Massnahmen in die richtige Richtung:

  • Der Bund will Ladestationen für Elektroautos auf öffentlichen Parkplätzen, in Mehrfamilienhäusern und am Arbeitsplatz fördern. Das kann besonders für die Mieter in den Städten und Agglomerationen hilfreich sein – auch wenn die Vorlage hier reichlich spät kommt, weil die Technik bereits an zahlreichen Orten etabliert ist.
  • Der Bund will die Busse und Schiffe im öffentlichen Verkehr auf erneuerbare Antriebe mit Strom oder Wasserstoff umstellen. Dafür unterstützt er den Kauf von entsprechenden Bussen und Schiffen und schafft die längst überholte Rückerstattung der Mineralölsteuer ab.

Im Wärmebereich sind die Massnahmen des neuen Gesetzes aber noch zu wenig griffig: Das grösste Potenzial zur CO2-Reduktion besteht nach wie vor bei den Gebäuden. Hier bieten mit erneuerbarer Energie betriebene thermische Netze die effizienteste Art und Weise, fossile Heizungen abzulösen. Dafür braucht es aber eine umfassende Förderung: Bei Planung und Bau der thermischen Netze, aber auch bei Produktion und Import von erneuerbaren Gasen sowie bei der Installation von Anlagen zur Wärme-Kraft-Kopplung. Denn diese WKK-Anlagen können nicht nur Wärme für die Häuser produzieren, sondern auch Strom zur Deckung der Winterlücke. Die bescheidenen Beiträge für die regionale Energieplanung und zur Risikoabsicherung im aktuellen Gesetzesentwurf reichen hier nicht aus.

Und dann enthält das Gesetz noch einen heiklen Punkt: Zwar stimmt es, dass die Vorlage für die Bevölkerung keine neuen Abgaben bringt. Dafür will der Bundesrat bald nur noch die Hälfte der CO2-Abgabe zurückerstatten – statt wie bisher zwei Drittel. Das läuft im Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger aufs Gleiche hinaus. Man darf gespannt sein, ob das bei Verbänden und Parlamentariern tatsächlich so durchgeht.