«Die Energiestrategie ist eine gute Sache!»

Interview mit Ronny Kaufmann, CEO Swisspower AG

Das erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 wird immer konkreter. Wie beurteilen Sie die heutigen Beschlüsse des Nationalrates?

Es ist wichtig für den Energiesektor, dass bald wieder klare Rahmenbedingungen gelten. Die Energiestrategie wurde jetzt gut drei Jahre im Bundesparlament beraten. Das ist für ein Energieunternehmen, das in die Zukunft investieren will, sehr lange. Insofern bin ich froh, wenn das Parlament in der Sommersession dieses Jahr das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie verabschieden kann und danach niemand auf die Idee kommt, ein Referendum zu ergreifen. Das würde die Unsicherheit nur noch einmal unnötig verlängern. Für mich ist klar, dass es mit dem ersten Massnahmenpaket noch nicht getan sein wird. Der Umbau des Energiesystems Schweiz hinzu einer erneuerbaren Versorgung wird ohne weitere unternehmerische, politische und gesellschaftliche Anstrengungen nicht gelingen. Gerade die Herausforderungen um das Klima zu stabilisieren, werden auch in der Schweiz noch einmal deutlich zunehmen.

Die Energiestrategie 2050 will die Nutzung und Produktion von erneuerbaren Energien voranbringen und sie will auch die Effizienzverbesserung stärken. Bringt das neue Energiegesetz nun die richtigen Anreize für die Stadtwerke?

Teilweise ja. Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 ist eine gute Sache. Ich denke da an die Förderung der erneuerbaren Energien oder an die CO2-Zielwerte für Fahrzeuge. Wir sind auf dem richtigen Weg. Leider wurden aber auch echte Chancen für mehr Gesamtenergieeffizienz verpasst. Denn Tatsache ist, dass das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in den städtischen Agglomerationen stattfindet. Wir wollen deshalb gemeinsam mit den Bewohnerinnen und Bewohnern urbaner Lebensräume Massnahmen realisieren, die zur effizienteren Stromnutzung beitragen. Das ist ein grosser Hebel in der weiteren Entwicklung des Energiekonsums. Vor diesem Hintergrund ist es für mich halt schon eine vertane Chance, dass nun das Parlament eine «Null-Lösung» in der Anreizregulierung für mehr Energieeffizienz beschlossen hat. Aber wir bleiben dran. Die neue Legislatur hat ja gerade erst begonnen…

Schweizer Grosswasserkraftwerke sollen sowohl bei der Erneuerung und auch beim Betrieb in ihrem Markterfolg unterstützt werden. Ist das die richtige Stossrichtung?

Ich kenne keine bessere Alternative. Denn die heimische Wasserkraft produziert heute aufgrund internationaler Marktverzerrungen drastisch über den Marktpreisen. Aktuell fehlen der Schweizer Grosswasserkraft so rund 450 Millionen Franken pro Jahr. National- und Ständerat haben den politischen Handlungsbedarf erkannt und haben im Energiegesetz (EnG) entsprechende Artikel vorgesehen. Dieses politische Signal ist begrüssenswert, da die Wasserkraft eine erneuerbare Energiequelle ist und mit fast 60% Anteil das eigentliche Rückgrat der Energieproduktion in der Schweiz darstellt. Ich bin froh, dass diese Systemrelevanz erkannt wurde. Ohne wettbewerbsfähige Wasserkraft gibt es in der Schweiz keinen Atomausstieg. Alle Szenarien des Bundesrates rechnen denn auch mit der Optimierung und dem Ausbau der Wasserkraft. Ohne Speicher – netzseitig beispielsweise neue Pumpspeicherkraftwerke, verbraucherseitig neue Power-to-Gas- oder Batterietechnologien – werden Wind und Sonne auch nur einen geringen Beitrag an die Versorgungssicherheit leisten können. Mit unserem topografischen USP in Europa, den Bergen, müssen wir auch weiterhin die Wasserkraft besonders im Auge behalten. Die Schweiz ist die Wasserburg und die Batterie Europas.