«Die Gasmarkt-Regulierung sollte möglichst schlank sein»

Am 14. Februar ist die Vernehmlassung zum Gas­ver­sorgungs­gesetz (GasVG) abgelaufen. Jan Flückiger, Leiter Public Affairs & Kom­muni­kation, erläutert im Interview die Stellungnahme von Swisspower.

Wie hat Swisspower zum GasVG-Entwurf Stel­­­lung genommen?

Grundsätzlich begrüssen wir das Ansinnen des Bundesrats, die bestehenden Rechtsunsicher­heiten bezüglich Marktzugang zu beseitigen und einen klaren Rahmen zu schaffen. Wir unter­stüt­zen auch, dass der Bundesrat eine Teilmarkt­öff­nung vorschlägt. Allerdings ist die Marktöff­nungs­­schwelle mit 100 MWh viel zu tief ange­legt. Schon Mehrfamilienhäuser mit wenigen Par­teien hätten damit Zugang zum Markt.

Wo sollte die Schwelle stattdessen liegen?

Wir schlagen eine Schwelle von 1 GWh vor. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen wären ungefähr die gleichen Kundengruppen abgedeckt wie beim Strom. So kennen beispielsweise viele Kan­­­to­ne in ihren Grossverbrauchermodellen einen Faktor von 1 zu 10 zwischen Strom und Gas. Zum anderen sind ab diesem Verbrauch auch Lastgangzähler vorgeschrieben. Wenn für Marktöffnung und Lastgangzähler die gleiche Schwelle gilt, fällt die aufwendige und ungenaue Annäherung via Standardlastprofile weg.

Scheuen die Stadtwerke die Konkurrenz?

Nein. Aber bei einem starken Preiswettbewerb im freien Markt ist er­neu­­erbares Gas kaum mehr konkurrenzfähig. Viele Stadtwerke liefern heute schon 10, 20 oder 30 Prozent Biogas in ihrem Standard­pro­dukt. Ziel ist es, den erneuerbaren Anteil weiter zu erhöhen – auch mit neuen Tech­no­logien wie Power-to-Gas. Im freien Markt wäre das kaum finanzierbar.

Welche weiteren Punkte kritisiert Swiss­power an der Ver­nehm­lassungsvorlage?

Der wichtigste Punkt ist die vorgeschlagene Kos­ten- und Preisregulierung (Cost+) unterhalb der Marktzugangsschwelle. Wir haben beim Strom gesehen, wie aufwendig es ist, diese Me­tho­dik auf den Energiepreis anzuwenden. Das hat zu zahlreichen Rechtsfällen bei der ElCom bis hin zum Bundesgericht geführt. Die Kontrolle des Preisüberwachers reicht hier vollends aus – das sagt auch der Preisüberwacher selbst. Zumal Gas im Gegensatz zum Strom in direkter Konkurrenz zu anderen Energieträgern steht.

Swisspower plädiert in ihrer Stellungnahme für eine möglichst schlanke Regulierung. Was heisst das konkret?

Alles, was nicht zwingend via Bundesgesetz ge­re­gelt werden muss, soll subsidiär der Branche über­lassen werden. Das betrifft auch die Aus­ge­stal­tung der Tarifstruktur im Netz und die Bilan­zie­rungsmethode beim Verbrauch. Die Branche weiss selbst am besten, welche Lösungen funk­tio­nieren und der Kostenwahrheit entsprechen. Zudem sprechen wir uns klar gegen eine Libera­li­sierung des Messwesens aus. Kosten und po­ten­zieller Nutzen stehen hier in keinem Ver­hältnis.

Braucht es denn überhaupt ein GasVG, zumal der Bund die Bedeutung des Gasnetzes in der Zukunft eher an einem kleinen Ort sieht?

Es braucht eine eindeutige Marktzugangs­regu­lie­rung, welche künftige Verfahren der Wettbe­werbs­kommission aufgrund des Kartellrechts aus­­schliesst. Darüber hinaus sollte die Regu­lie­rung möglichst schlank sein. Ob sie in einem eigenen Gesetz oder allenfalls im bestehenden Rohrleitungsgesetz (RLG) festgehalten wird, ist nicht entscheidend. Ganz klar widersprechen wir jedoch der Haltung, dass das Gasnetz keine Zu­kunft hat. Das Gasnetz spielt eine Schlüsselrolle für die Sektorkopplung und somit auch für die Energiewende. Der Energieträger, der durch das Gasnetz fliesst, wird zunehmend erneuerbar sein. Mit Power-to-Gas werden wir im Sommer Über­schüsse von erneuerbarem Strom in er­neu­er­­bares Gas umwandeln und im Winter damit in energie­effizienten WKK-Anlagen erneuerbaren Strom und klimaneutrale Wärme produzieren. Dafür werden wir das Gasnetz auch künftig noch brau­chen.