Mit Kohle das Klima entlasten

Was nach einem Widerspruch klingt, ist in Basel seit April Realität: In einer Pyrolyseanlage produziert IWB nicht nur CO₂-negative Wärme, sondern auch Pflanzenkohle. Nach positiven Erfahrungen plant IWB weitere Anlagen und ist offen für Kooperationen mit anderen Stadtwerken.

Um das Netto-Null-Ziel zu erreichen, brauchen wir Technologien, die der Atmosphäre dauerhaft CO₂ entziehen – so wie die Pyrolyse. Ende April 2021 hat IWB als erstes Energieunternehmen der Schweiz eine Pyrolyseanlage in Betrieb genommen. Darin läuft eine flammlose Oxidation ab: Bei 600°C und unter Ausschluss von Sauerstoff wird minderwertige, bisher ungenutzte Biomasse wie Grünschnitt zersetzt und in Pflanzenkohle verwandelt. Um die Oxidation ins Laufen zu bringen, muss der Reaktor mit Gas aufgeheizt werden. Ab einer gewissen Temperatur erhält sich der Prozess selbst. Als willkommenes Nebenprodukt speist die Anlage von IWB jährlich rund 1,7 GWh Abwärme ins Fernwärmenetz ein.

Einfache Speichermöglichkeit für CO2

In der Pyrolyseanlage verwendet IWB ausschliesslich regionale Biomasse aus maximal 40 Kilometern Entfernung. Daraus entstehen pro Jahr etwa 550 Tonnen Pflanzenkohle. Diese lässt sich unter anderem in der Landwirtschaft sowie in Gärtnereien und privaten Gärten einsetzen, wo sie die Fruchtbarkeit des Bodens verbessert. Dabei bleibt das in der Kohle gespeicherte CO2 im Boden und wird somit dem Kreislauf entzogen. «Das Pyrolyseverfahren ist die technisch einfachste Möglichkeit, als Energieversorger eine Kreislaufwirtschaft zu betreiben und CO2 zu speichern», sagt Dominik Born, Innovationsmanager von IWB.

Renditeziel erreicht

Wie bei Anlagen dieser Grösse üblich, war die Inbetriebnahme mit einem Optimierungsprozess verbunden. «Wir haben bereits viel Erfahrung gesammelt, etwa zur geeigneten Biomasse», so Dominik Born. «Diese darf eine Feuchtigkeit von höchstens 30% aufweisen. Blätter oder Stroh allein eignen sich nicht, wohl aber Landschaftspflegeholz und sogar Wurzelstöcke.»

Erfahrungen bestehen inzwischen auch bezüglich Wirtschaftlichkeit. Eine Cashcow ist das System wie erwartet zwar nicht. Das interne Renditeziel jedoch erreicht IWB. Dazu trägt neben der Nutzung der Abwärme auch der Verkauf der Pflanzenkohle bei. Um die wichtige Zielgruppe der Gärtnereien zu erreichen, ist IWB laut Dominik Born daran, ein Netzwerk aufzubauen: «Der Markt für Pflanzenkohle steht noch am Anfang. Doch wer das Produkt einmal nutzt, ist sehr zufrieden damit und bleibt ihm treu. Unsere Abnehmer sind froh, dass es nun regionale Pflanzenkohle gibt und so die Beschaffungswege kürzer werden.»

Pflanzenkohle neutralisiert Güllegeruch und stärkt Baumwurzeln

Aufgrund der Qualität der Rohstoffe und des kontrollierten Herstellungsprozesses wird die Pflanzenkohle von IWB das EBC Zertifikat Agro-Bio tragen. Dieses schafft Vertrauen und hilft mit, den Absatz anzukurbeln. Zudem setzt das Swisspower-Stadtwerk darauf, dass sich die verschiedenen Vorteile des Produkts herumsprechen. So lässt sich Pflanzenkohle auch nutzen, um den unangenehmen Geruch von Gülle auf Bauernhöfen und von Kompost in privaten Gärten zu neutralisieren. Städte wiederum können die Kohle rund ums Wurzelwerk von Bäumen verteilen. Dadurch können die Wurzeln Wasser und Nährstoffe besser aufnehmen – im Hinblick auf häufgere heisse und trockene Sommer ein besonders sinnvoller Einsatzzweck.

Kooperationen erwünscht

Nach den positiven Erfahrungen mit der ersten Pyrolyseanlage plant IWB bereits vier weitere. «Skaleneffekte erwarten wir weniger bei den Anlagen, da jede für sich allein funktioniert, sondern vor allem beim Verkauf der Pflanzenkohle», erklärt Dominik Born. «Hier können wir durch die höhere Menge ein grösseres Absatznetzwerk aufbauen und die Wirtschaftlichkeit weiter verbessern.»

Um Synergien zu nutzen, ist IWB interessiert an Kooperationen mit anderen Stadtwerken. «Der Markt für Pflanzenkohle hat noch Platz für weitere Anbieter», so Dominik Born. Denkbar ist einerseits ein Contracting, bei dem IWB die Anlage realisiert, finanziert und betreibt. Möchte ein Stadtwerk diese Aufgaben selbst übernehmen, bietet sich andererseits eine Partnerschaft beim Absatz der Pflanzenkohle an. Bedingung ist bei beiden Modellen ein Standort mit genügend Platz für die Logistik und mit direktem Zugang zu einem Wärmenetz.

Interessieren auch Sie sich für eine Pyrolyseanlage und möchten Sie von den Erfahrungen von IWB profitieren? Kontaktieren Sie Dominik Born, Innovationsmanager von IWB: dominik.born@iwb.ch und Tel. 079 640 03 26.

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