«Wir sind seit 140 Jahren näher bei den Kunden als jedes andere Unternehmen»

Seit dem Sommer treten die ehemaligen Werkbetriebe Frauenfeld unter der neuen Marke Thurplus auf und haben Strategie und Organisation angepasst. Damit soll sich auch die Kultur des Unternehmens verändern, erklärt Geschäftsleiter Peter Wieland.

Aus welchen Gründen haben Sie sich für das Rebranding entschieden?

Peter Wieland: Das Rebranding stand am Ende eines grösseren Projekts zur Zukunft unseres Unternehmens. In Marktanalysen hatten wir festgestellt, dass wir am Markt neutral positioniert waren. Wir wurden zwar positiver beurteilt, als wir es erwartet hätten. Doch beim Nachfragen zeigte sich: Trotz der hohen Zufriedenheit wussten die Kunden wenig über uns und unsere Angebote – wie es wohl bei vielen Stadtwerken der Fall ist. Daraufhin überarbeiteten wir gemeinsam mit der Stadt die Eigentümerstrategie und das Reglement mit unserem Leistungsauftrag.

Welche Richtung geben diese Dokumente nun vor?

Neben dem verlässlichen Versorger für den Wohn- und Wirtschaftsstandort Frauenfeld werden wir zu einem regionalen Schlüsselakteur für die Energiewende. Von der Stadt Frauenfeld als Eigentümerin haben wir den Auftrag erhalten, den Ausstieg aus den fossilen Energien voranzutreiben und die regionalen erneuerbaren Energien zu fördern. Unsere lange Dienstleistungstradition führen wir in diese Richtung weiter. Die Marke Thurplus verkörpert das neue Selbstverständnis nach aussen. Sie kombiniert die Thur als positiv besetztes, verbindendes Element in der Region mit dem Plus an Nachhaltigkeit und Serviceleistungen. Verglichen mit der bisherigen Marke treten wir nun eigenständiger auf und differenzieren uns stärker.

Ihr neuer Claim lautet «Näher seit 1878». Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Weil der Claim eine Stärke unseres Unternehmens beschreibt, die niemand kopieren kann: unsere Dienstleistungstradition. Wir sind seit über 140 Jahren näher bei den Kunden als jedes andere Unternehmen. Diese Kundennähe ist heute und in Zukunft unser stärkstes Argument. Sie bildet zusammen mit Kompetenz und Erfahrung das Fundament für unsere Weiterentwicklung.

Peter Wieland, Geschäftsleiter, Thurplus
Peter Wieland, Geschäftsleiter, Thurplus
«In einem Changeprozess dieser Art geht es stark um die Unternehmenskultur.»
Wie soll sich mit der neuen Positionierung die Kultur Ihres Unternehmens verändern?

Bisher fokussierten wir uns vorwiegend auf die Qualität, um den Versorgungsauftrag sicher und zuverlässig zu erfüllen. Effizienz und Kosten, aber auch Nachhaltigkeit standen eher im Hintergrund. Das ändert sich nun. Dazu haben wir unser Leitbild angepasst und vier Werte definiert: echt, engagiert, zuverlässig und miteinander. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeitenden das gleiche Verständnis dafür haben. Deshalb brechen wir in der internen Kommunikation konkret herunter, wie das Leitbild unseren Alltag verändern soll. Das geschieht nicht von heute auf morgen, sondern bedeutet einen längeren Kulturprozess. Zentral ist dabei, dass wir Führungskräfte die gemeinsamen Werte vorleben.

Ist das Rebranding auch mit Veränderungen bei den Angeboten und der Organisation verbunden?

Ja, wir wollen die Gemeinden rundherum mit noch mehr Dienstleistungen unterstützen, etwa zu Wasserqualität, Beschaffung und Vermarktung von Biogas, Geoinformationen, Planaufnahmen und für den Rohrleitungsbau. Auch bei der Organisation waren Änderungen nötig. Die bisherige wurde vor vielen Jahren eingeführt, als Strom-, Gas- und Wasserversorgung zusammenkamen. Seither ist sie organisch gewachsen. Nun haben wir die Organisation an unsere Prozesse angepasst.

Was empfehlen Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen einem anderen Stadtwerk, das sich auf einen ähnlichen Weg begeben will?

Erstens gilt es, Auftrag, Strategie, Positionierung und Branding stringent aufeinander abzustimmen. Zweitens sollte man sich entlang eines solchen Weges nicht durch Diskussionen oder Widerstände zu stark verunsichern oder gar zurückwerfen lassen. Und drittens geht es in einem Changeprozess dieser Art stark um die Unternehmenskultur. Deshalb lohnt es sich, immer wieder zu reflektieren: Welche Kultur herrscht heute und warum? Wohin wollen wir als Unternehmen? Und wie schaffen wir das? Ein solcher Prozess hat kein Ende. Man muss laufend daran weiterarbeiten.