Stefan Illien, neuer CEO der IBC: «Wir haben für die Zukunft viel vor»

Anfang Jahr hat Stefan Illien die Nachfolge von Martin Derungs als CEO des Swisspower-Stadtwerks IBC Energie Wasser Chur angetreten. Im Interview spricht er über gesundes Wachstum, das Preisschild der Erneuerbaren und die speziellen Herausforderungen in einem Randgebiet.

Sie gehören seit 2018 zur Geschäftsleitung der IBC. Ihr Team kennt Sie also gut. Wenn wir die Mitarbeitenden fragen würden: Wie würden sie Sie wohl beschreiben?

Stefan Illien: Sie würden wahrscheinlich sagen, dass ich interessiert, leidenschaftlich und nahe bei den Mitarbeitenden bin. Ich verstecke mich nicht im Büro, sondern sage dem Team: Packen wir die Dinge zusammen an, setzen wir uns an einen Tisch und besprechen offene Punkte, damit wir bei unseren Projekten vorwärtskommen.

Wie unterscheidet sich die IBC von einem Stadtwerk im Mittelland?

Die Kundenbedürfnisse sind die gleichen. Bei unserem Angebot werden wir oft mit anderen Energieunternehmen verglichen. Die Ansprüche sind also genauso hoch wie an die Stadtwerke im Mittelland. Doch diese Ansprüche mit den richtigen Mitarbeitenden zu erfüllen, fordert uns stark. Hier zeigt sich deutlich, dass wir in einem Randgebiet angesiedelt sind. Die richtigen Fachkräfte zu finden, fällt uns noch schwerer als anderen Stadtwerken. Wir können wenig von einem Mitarbeitermarkt profitieren. Meist müssen wir die Mitarbeitenden für ihre Aufgaben bei uns selbst aus- und weiterbilden.

In der Medienmitteilung zu Ihrer Wahl hiess es, sie würden den Erfolgsweg der IBC fortsetzen. Wie packen Sie das an?

In den letzten Jahren haben wir uns von einem Versorgungsbetrieb zu einem Unternehmen entwickelt. Diesen Weg will ich weitergehen. Dazu gehört vor allem eine Unternehmenskultur, durch die wir gute Mitarbeitende finden und halten können. Wir brauchen attraktive Rahmenbedingungen – und das ist keine Floskel. Denn wir haben für die Zukunft viel vor und wollen unternehmerische Chancen packen, die sich uns in der aktuellen Situation des Umbruchs bieten. Doch das schaffen wir nur mit engagierten und kompetenten Mitarbeitenden. Zudem braucht es für den Erfolgsweg klare Prozesse und eine schrittweise Digitalisierung. Auch dafür setze ich mich ein.

Wo sehen Sie weitere Herausforderungen ausser dem Fachkräftemangel?

Die erwähnten Chancen im aktuellen Energieumfeld wollen auch viele andere Player ergreifen. Die Konkurrenz und die Erwartungen der Kundinnen und Kunden sind hoch. In dieser Situation müssen wir bedacht mit den finanziellen, materiellen und personellen Ressourcen umgehen, damit wir den Erfolg langfristig sichern können. Es ist wichtig, gesund zu wachsen.

Stefan Illien, CEO IBC
Stefan Illien, CEO IBC
«In den letzten Jahren haben wir uns von einem Versorgungsbetrieb zu einem Unternehmen entwickelt. Diesen Weg will ich weitergehen. [...] wir haben für die Zukunft viel vor und wollen unternehmerische Chancen packen [...].»

Die Schweiz will die Produktion an erneuerbarer Energie massiv ausbauen. Was muss sich ändern, damit es schneller vorwärtsgeht?

Erstens braucht es schnellere Bewilligungsverfahren. Dass Projekte willkürlich behindert oder sogar zum Stillstand gebracht werden können, darf nicht mehr vorkommen. Ein zweites zentrales Thema ist die Finanzierung. Politik und Bevölkerung muss klar sein: Die erneuerbaren Energien haben ein Preisschild. In Chur streben wir bis 2040 das Netto-Null-Ziel an. Gerade die Transition im Wärmebereich erfordert enorme finanzielle Mittel, die wir nicht aus dem heutigen Geschäft erwirtschaften können. Hier braucht es auf politischer Ebene Massnahmen, um die Investitionen tragbar zu machen.

Wie sollten sich die Schweizer Stadtwerke in den kommenden Jahren weiterentwickeln?

Die Stadtwerke spielen eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung, um die Städte der Zukunft weiterhin lebenswert zu halten. Sie sollten sich noch stärker in diese Richtung positionieren und den Umbau der Energiesysteme aktiv antreiben. Diese grosse Aufgabe umfasst vor allem, die Emissionen zu reduzieren, die fossilen Energien zu substituieren und die erneuerbaren auszubauen mit Netto-Null als Ziel. Dazu braucht es einen klaren Willen und viel Ausdauer.

Wie können sich die Stadtwerke für diese Aufgabe fit machen?

Dabei helfen uns neue Technologien und die Digitalisierung. Verschiedene Systemprozesse lassen sich digitalisieren oder sogar automatisieren. Auch beim Dokumentieren strategischer Entscheidungen und operativer Massnahmen können wir uns verbessern. Wir bauen ein Energiesystem für die Zukunft. Das dauert nicht bloss einige Jahre, sondern Jahrzehnte. Strategien und operative Konzepte müssen für diese lange Zeit zugunsten einer stringenten Wegbeschreitung gesichert werden. Ebenfalls wichtig: Wir Stadtwerke sollten voneinander lernen, uns austauschen und uns gegenseitig unterstützen. Es geht nicht um die Belobigung Einzelner, sondern um das Erreichen des Ziels als Gemeinschaft.

Was erwarten Sie dabei von Swisspower?

Swisspower ist eine Plattform für diesen Austausch. Stadtwerke, die bei einem Thema Erfahrungen gesammelt haben und schon einen Schritt weiter sind, können ihr Wissen und ihre Lösungen über Swisspower den anderen zugänglich machen. Einen zweiten Schwerpunkt sehe ich darin, die vorbildliche Arbeit der Stadtwerke für den Umbau des Energiesystems bekanntzumachen, vor allem bei Politikerinnen und Politikern. Das gibt uns Rückenwind, wenn wir auf die Unterstützung der Politik angewiesen sind. Eine dritte wichtige Aufgabe von Swisspower ist die Positionierung der Stadtwerke als attraktive Arbeitgeber. Wir sind innovative, moderne Unternehmen und bieten die Jobs der Zukunft mit einer hohen Sinnhaftigkeit. Diese Botschaft soll Swisspower im Arbeitsmarkt verankern.