«Wir sollten Klima- und Energiepakete schnüren»

In der Herbstsession haben die eidgenössischen Räte das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 unter Dach und Fach gebracht. Nationalrat Eric Nussbaumer, Leiter Kommunikation von Swisspower, zieht Bilanz dazu.

In der Herbstsession haben die eidgenössischen Räte das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 unter Dach und Fach gebracht. Nationalrat Eric Nussbaumer, Leiter Kommunikation von Swisspower, zieht Bilanz dazu.

Welche letzten Bereinigungen der Vorlage haben die Räte in der Herbstsession vorgenommen?
Eric Nussbaumer: Es gab noch fünf Differenzen zwischen dem Ständerat und dem Nationalrat. Der Ständerat hat sich dann mit Knurren dem Nationalrat angeschlossen. Umstritten war insbesondere, ob bei Ersatzneubauten und Gebäudesanierungen verstärkte steuerliche Abzüge möglich sein sollen. Damit hat das erste Massnahmenpaket nun auch noch einen steuerpolitischen Anreiz für energetisch bessere Gebäude erhalten.

Die ursprüngliche Vorlage des Bundesrats wurde vom Parlament stark verändert. Was ist von der angestrebten Energiewende noch übrig geblieben?
Vereinfacht gesagt sind wohl etwa 70 bis 80 Prozent noch drin. Aber natürlich wurden textliche Änderungen vorgenommen. Nicht mehr drin sind leider das Effizienzmodell für Energieversorgungsunternehmen und gleichzeitig wurde auch die Förderung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bereits zeitlich limitiert. Das sind zwei Änderungen, die eigentlich gegen das strategische Ziel 2050 gerichtet sind.

Wie fällt das Fazit zur beschlossenen Energiestrategie aus Sicht Swisspower aus?
Das Fazit ist dennoch positiv, denn die Stossrichtung entspricht den Bemühungen der Stadtwerke, mit einer verbesserten Energieeffizienz und mit mehr erneuerbaren Energien eine sichere und nachhaltige Versorgung zu gewährleisten.

Swisspower definierte zu Beginn der Debatte mehrere Forderungen, für die sie sich zusammen mit anderen Branchenverbänden stark machen wollte. Ist das gelungen?
Wir pochten vor allem auf die Schaffung von Rechtssicherheit. Der Umbau eines Energiesystems gelingt nur, wenn in der Umbauphase immer wieder rasch entschieden wird. Das hat das Parlament leider nicht geschafft. Die Beratungen gingen viel zu langsam vonstatten. Aber natürlich ist das auch ein Teil der politischen Auseinandersetzung. Wir können mit dem Erreichten leben, aber in einer nächsten Runde muss ein zusätzliches Massnahmenpaket die Möglichkeiten der Stadtwerke weiter stärken. Die Stadtwerke sind Akteure, die den Umbau des Energiesystems mittragen und daher auch einen verlässlichen Rechtsrahmen brauchen.

Welches sind die wichtigsten Neuerungen, die das erste Massnahmenpaket für die Swisspower Stadtwerke mit sich bringt?
Viele Neuerungen sind auch Fortführungen von bisherigen Massnahmen, aber in einem grösseren Umfang. Dazu zähle ich die Förderung von Anlagen, die Strom aus neuen erneuerbaren Energien produzieren, die Fortführung und Vertiefung des Gebäudesanierungsprogramms und alle Möglichkeiten im Bereich der Gerätevorschriften. Neu ist sicher auch, dass wir eine Basis gelegt haben für den geordneten Atomausstieg, indem keine neuen Reaktoren mehr bewilligt werden. Eine weitere Neuerung ist das Konzept einer Marktprämie, die auch der Grosswasserkraft dient. Persönlich bin ich der Meinung, dass dies ein wichtiges Instrument ist, welches wir für alle Erzeugungsanlagen aus inländischen erneuerbaren Energiequellen nutzen sollten. Die Prämie kann ungenügende Preissignale aus dem noch nicht perfekten Strommarkt ausgleichen.

Um die Ziele der Energiestrategie wie etwa die Senkung des Energieverbrauchs zu erreichen, braucht es auch das zweite Massnahmenpaket mit Lenkungsmassnahmen. Wie beurteilen Sie dessen Chancen?
Die Chancen stehen im Moment nicht gut, weil auch das Paket nicht gut konzipiert ist. Aber es ist richtig, wir brauchen ein zweites und wahrscheinlich bis 2050 auch noch ein drittes Massnahmenpaket. Künftig sollten wir eigentliche Klima- und Energiepakete schnüren, die dann auch auf die Klimaschutz- und Energieziele 2050 ausgerichtet sind. Wenn unser Land eine nachhaltigere Energieversorgung anstrebt, muss Klima- und Energiepolitik im nächsten Paket zusammengedacht werden.

Wie wird sich Swisspower für dieses zweite Massnahmenpaket engagieren?
Swisspower steht für die energiepolitischen Möglichkeiten der Stadtwerke. Darum werden wir in einem zweiten und dritten Massnahmenpaket immer darauf achten, dass die Akteure «Stadtwerke» nicht beschnitten oder zurückgedrängt werden. Gute Klima- und Energiepolitik gelingt nur mit den Städten und ihren Stadtwerken. In einem zweiten Paket muss für das Effizienzmodell der Stadtwerke und aller EVU eine faire gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Wir sind überzeugt, dass solche direkten Marktmodelle rasch Wirkung zeigen. Nach unserer Meinung sind sie am Markt durch die EVU schneller umsetzbar. Daneben wollen wir Lenkungsabgaben-Modelle nicht per se ausschliessen – sie müssen aber sehr sorgfältig geprüft werden.