«Investitionen in Effizienzprogramme bringen eine Rendite»

Energiesparend Eier kochen: Wie das geht, führte der damalige Bundesrat Adolf Ogi vor 34 Jahren in einem legendären TV-Auftritt vor. Seither hat sich das Thema Energiesparen stark entwickelt. Warum die Schweiz gerade jetzt auf Energieeffizienz setzen sollte, erläutert Orlando Gehrig, Leiter Kooperationen & Innovation von Swisspower.

Weshalb ist der Zeitpunkt richtig, der Energieeffizienz einen Boost zu geben?

Orlando Gehrig: Aktuelle Themen wie der Klimawandel, die Winterstromlücke und jetzt besonders der Ukrainekrieg verleihen dem Thema neuen Auftrieb. Immer mehr Leute erkennen: Die günstigste und sauberste Kilowattstunde Energie ist jene, die gar nicht verbraucht wird. Zahlreiche Studien belegen, dass bei der Energieeffizienz ein grosses Potenzial besteht. Was bisher aber noch zu wenig realisiert wurde: Um das Potenzial auszuschöpfen, braucht es Investitionen. Ich verwende bewusst das Wort «Investition». Denn Ausgaben für Effizienzprogramme bringen eine Rendite: Für jede eingesparte Kilowattstunde wird auch auf der Infrastrukturseite eingespart – sei es in der Produktion oder bei den Netzen.

Was stimmt Sie zuversichtlich, dass die Bevölkerung diesmal beim Energiesparen mitmacht? Die Notwendigkeit dafür war ihr wohl schon bisher bekannt. Am Verhalten hat sich aber nur wenig geändert …

Zum einen war der Energiepreis für viele Menschen bisher vernachlässigbar tief. Dies ändert sich allmählich. Zum anderen sind nicht nur Individuen das kritische Element für eine höhere Energieeffizienz, sondern genauso das Gemeinwesen, das sich stärker engagieren muss. Zwar bestehen schon vielerorts Effizienzprogramme. Aber meist sind sie zu wenig systematisch. Wie es richtig geht, zeigen der Kanton Genf und das Swisspower-Stadtwerk SIG mit dem Programm «éco21». Obwohl die Bevölkerung wächst und die wirtschaftlichen Aktivitäten im Kanton Genf zunehmen, ist der Energieverbrauch gesunken. Solche Erfolgsbeispiele zeigen: Geht man das Thema Energieeffizienz ernsthaft und systematisch an, machen die Leute durchaus mit.

«Die Stadtwerke erarbeiten die Effizienzprogramme dann entlang der vorgegebenen Leitplanken und der Finanzierung.»

Was bedeutet systematisch für Sie?

Dafür müssen vor allem zwei Bedingungen erfüllt sein. Erstens eine langfristige Sensibilisierung der verschiedenen Zielgruppen. Der Begriff «Bevölkerung» ist für mich zu umfassend. Es gibt ganz unterschiedliche Zielgruppen, die adressatengerecht anzusprechen sind, damit sich ihr Verhalten ändert. Zweitens ist Kontinuität gefragt. Anstelle von Schnellschüssen, nur damit man etwas macht, braucht es auf mehrere Jahre ausgelegte Effizienzprogramme.

Welchen Einfluss hat der technische Fortschritt?

Die heutigen Technologien genügen dafür. Es geht vielmehr darum, die richtigen zu wählen und sie gezielt zu nutzen. Aber klar: Wenn zum Beispiel der Smart-Meter-Roll-out dafür sorgt, dass die Konsumierenden ein stärkeres Bewusstsein für ihren Energieverbrauch entwickeln, ist das umso besser.

Welche Rolle spielen die Stadtwerke für systematische Effizienzprogramme?

Die Initiative dafür, der Grundsatzentscheid und die Finanzierung sind Sache des Gemeinwesens: der Städte und der Kantone. Die Stadtwerke erarbeiten die Effizienzprogramme dann entlang der vorgegebenen Leitplanken und der Finanzierung. Sie sind die Umsetzer und – wegen ihrer Nähe zu den Konsumierenden – auch die Absender der Programme.

Was unternimmt Swisspower konkret beim Thema Energieeffizienz?

Wir stehen in engem Kontakt mit unserem grössten Aktionär SIG, der mit «éco21» den Schweizer Benchmark setzt. Gemeinsam denken wir darüber nach, diesen Best-Practice-Ansatz in der ganzen Schweiz auszurollen. Ein erster Schritt ist eine Plattform, auf der sich die verschiedenen Initiatoren und Umsetzer von Effizienzprogrammen vernetzen. Vorher gilt es jedoch, noch stärker für das Thema Energieeffizienz zu mobilisieren. Dazu bereiten wir derzeit eine Offensive vor.