Der Nationalrat hat das CO2-Gesetz abgelehnt. Ist es damit am Ende?
Jan Flückiger: Nein. Die Ablehnung von linker Seite war vor allem taktischer Natur. Eine Mehrheit von SVP und FDP hat die Vorlage im Nationalrat stark abgeschwächt. Viele Entscheide sind dabei sehr knapp ausgefallen. Die Linke wollte mit der Ablehnung ein Signal setzen. Nun ist der Ständerat am Zug. Die Mehrheitsverhältnisse sind dort andere. Man hat also Zeit verloren, aber die Revision ist noch lange nicht am Ende.
Muss der Ständerat jetzt wieder ganz von vorne beginnen?
Formal ist das so. Der Ständerat stützt sich bei seinen Beratungen wieder auf die Bundesratsvorlage. Es ist allerdings davon auszugehen, dass er die Resultate der nationalrätlichen Energiekommission in seine Überlegungen einfliessen lässt. Das haben wir gegenüber den Kommissionsmitgliedern im Ständerat auch so beliebt gemacht. Denn die Mehrheit der Nationalratskommission hatte zu grossen Teilen gute Entscheidungen getroffen, die im Sinne der Stadtwerke sind.
Welche Entscheidungen waren das konkret?
Die Kommission hatte sich wie der Bundesrat für ein Inlandziel bei der CO2-Reduktion ausgesprochen. Sie hatte zudem die Bedingungen für WKK-Anlagen verbessert, wofür wir uns explizit eingesetzt haben. Auch kleine WKK-Anlagen wären demgemäss für den stromproduzierenden Teil ohne zusätzliche Auflagen von der CO2-Abgabe befreit. Zudem könnten Rückerstattungsgemeinschaften gebildet werden. Beim Gebäudeprogramm hatte die Kommission ebenfalls in unserem Sinn entschieden: Das Programm soll bis 2030 verlängert werden und die Gelder daraus sollen unter anderem für die Bereitstellung von erneuerbarer Wärme verwendet werden können, etwa für Fernwärmenetze oder für die Einspeisung erneuerbarer Gase. Das waren zwei unserer Kernanliegen.
Wie bringt sich Swisspower im weiteren Verlauf der Debatte nun ein und wie sieht der weitere Prozess aus?
Wir haben den Mitgliedern der ständerätlichen Energiekommission einen Brief mit unseren wichtigsten Anliegen geschrieben. Zudem werden wir sicher noch Einzelgespräche führen und auch die Debatte im Plenum eng begleiten. Diese wird voraussichtlich erst in der Sommersession stattfinden. Danach geht die Vorlage zurück in den Nationalrat. Dort wird es darum gehen, die teilweise sehr knappen Mehrheiten zum Kippen zu bringen.
Sind Sie zuversichtlich, dass das gelingt?
Die Chancen sind gross, dass das Geschäft erst nach den eidgenössischen Wahlen wieder in den Nationalrat kommt. Je nachdem, wie sich die Mehrheitsverhältnisse dann geändert haben, wird das einfacher oder schwieriger. Grundsätzlich bin ich aber guter Dinge, dass das Parlament die Notwendigkeit eines griffigen CO2-Gesetzes erkennt. Am Schluss wird es wohl auf einen gutschweizerischen Kompromiss hinauslaufen.
Swisspower hat in der Vergangenheit stets eine umfassende Klima- und Energielenkungsabgabe verlangt. Halten Sie an dieser Forderung fest?
Ja, natürlich. Das wäre die effizienteste und unbürokratischste Lösung. Wir sind aber realistisch genug zu wissen, dass eine solche Lenkungsabgabe derzeit politisch keine Mehrheit findet. Das ist schade, vor allem weil eine Lenkungsabgabe auch im Strombereich einige Probleme lösen würde. Derzeit hat niemand in der Politik oder in der Verwaltung den Mut, dieses Thema wieder aufzunehmen.
Der ehemalige BFE-Direktor Walter Steinmann hat kürzlich vorgeschlagen, die Klimapolitik ins BFE zu integrieren. Was halten Sie davon?
Es gibt sicher Gründe dafür. Die Sichtweise des BFE und des Bundesamts für Umwelt (Bafu), das heute für die Klimapolitik zuständig ist, widersprechen sich häufig. Ein Beispiel: Strom aus Photovoltaik (PV) gilt unbestritten als erneuerbar. Wenn man hingegen aus demselben Strom mittels Power-to-Gas erneuerbares Gas produziert, stellt das Bafu Anforderungen an die PV-Anlagen und berücksichtigt die CO2-Bilanz der einzelnen Module. Es kommt dann zum Schluss, dass der Strom aus gewissen PV-Anlagen für die Herstellung von erneuerbarem Gas nicht anerkannt wird. Das ist absurd. Eine Zusammenführung der beiden Politikbereiche könnte hier für mehr Kohärenz sorgen.