EU-Projekt mit Beteiligung der Limmatkraftwerke AG untersucht Effekte von Wasserkraftwerken auf die Umwelt

Im europaweiten Projekt «FIThydro» mit Beteiligung der Limmatkraftwerke AG haben Forschende in Zusammenarbeit mit Industriepartnern bestehende Wasserkraftwerke untersucht. Darauf aufbauend haben sie neue Bewertungsmethoden und Technologien entwickelt. Das Ziel: die Wasserkraftnutzung fischfreundlicher und ökologischer gestalten. Die Regionalwerke Holding AG Baden ist zu 60% an der Limmatkraftwerke AG beteiligt.

Wasserkraft ist eine der wichtigsten und meistgenutzten regenerativen Energiequellen weltweit. Der grosse Vorteil: Anders als Windkraft und Sonnenenergie unterliegt sie nur geringen wetterbedingten Schwankungen. Allerdings ist der Betrieb von Wasserkraftwerken auch mit grossen Eingriffen in die Umwelt verbunden. Flüsse werden aufgestaut, die aquatischen Lebensräume verändert und Fische können durch Turbinen, Überfallwehr oder Gitter tödlich verletzt werden. Diese negativen Effekte sollen so gering wie möglich ausfallen. Dafür sorgen unter anderem die Europäische Wasserrahmenrichtlinie sowie die nationalen Umwelt- und Gewässerschutzgesetze.

Allerdings erfüllen vor allem ältere Wasserkraftwerke die neuen Anforderungen oftmals nicht und müssen im Rahmen einer Neukonzessionierung nachgerüstet werden. Mit welchen Massnahmen dies auch ökonomisch zu bewältigen ist, muss für jedes Kraftwerk individuell beurteilt werden. «Es ist wichtig, vorhandene Lösungen an die standortspezifischen Gegebenheiten jedes Kraftwerks anzupassen», erklärt Prof. Peter Rutschmann vom Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der TU München und Koordinator des Projektes.

Untersuchungen an Kraftwerken in Europa

Eine Arbeitsgruppe aus 26 europäischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen hat im vierjährigen EU-Projekt «FIThydro, Fishfriendly Innovative Technologies for Hydropower», kurz «FIThydro», an 17 Standorten in acht Ländern die Auswirkung der Wasserkraftwerke auf die Ökosysteme und besonders auf Fische untersucht. «Uns war wichtig, dass diese Standorte die Vielfalt der geografischen, hydromorphologischen und klimatischen Bedingungen widerspiegeln, damit unsere Ergebnisse auf unterschiedliche Wasserkraftwerke in Europa anwendbar sind», erklärt Rutschmann.

Forschungsarbeiten im Kraftwerk Schiffmühle in Untersiggenthal

Die Projektpartner untersuchten an den Teststandorten, unter anderem im Kraftwerk Schiffmühle der Limmatkraftwerke AG in Untersiggenthal die Fischwanderung über die bestehenden Fischaufstiegs- und Fischabstiegsanlagen. Hier wurden mittels RFID-Antennenanlagen an den Fischtreppen die Wanderwege von 3100 markierten Fischen aus 17 Fischarten untersucht, und es konnten Erkenntnisse über die artenspezifische Präferenz von Fischwanderanlagen, die optimalen Strömungsverhältnisse an den Einstiegen sowie die Wirksamkeit der Fischtreppen gewonnen werden. Es hat sich gezeigt, dass mehr als zwei Drittel der markierten Fische an mindestens einer der installierten Antennenanlagen im Kraftwerk Schiffmühle, Kappelerhof und Aue detektiert wurden. Zudem wurde festgestellt, dass 25%, und damit ein beachtlicher Teil aller markierten Fische, die 5.1 km lange Strecke vom KW Schiffmühle bis zum KW Aue aufsteigen.

Zufrieden mit dem Forschungsprojekt und den Ergebnissen zeigte sich Andreas Doessegger, Leiter Betrieb und Technik der Limmatkraftwerke AG und Teilprojektleiter Kraftwerksbetreiber im EU-Forschungsprojekt: «Die Fischaufstiegsanlagen funktionieren einwandfrei. Die Zusammenarbeit mit den Forschern und Industriepartnern war sehr interessant, und es ergaben sich wichtige Erkenntnisse im Hinblick auf einen zukünftigen Ausbau des Kraftwerks Turgi auf eine zweite Maschinengruppe.»

Bei den installierten Fischabstiegsanlagen blieben die Zählungen unter den Erwartungen. Die Fische nutzen für den Abstieg andere Wege, als über die dafür vorgesehenen Bypassrohre.

Auch die Weitergabe von natürlichem Geschiebe (Kies), welches Fischen und anderen Wasserlebewesen als Laich- und Lebensraumsubstrat dient, wurde anhand der im Kraftwerk Schiffmühle installierten Geschieberöhre untersucht. Diese Einrichtung transportiert den Kies bei Hochwasser durch die Staustrecke und verhindert damit eine Geschiebeansammlung im Stau- und Kanalbereich. Die gewonnen Erkenntnisse fliessen in die Planung einer weiteren Geschieberöhre im Kraftwerk Aue. «Durch die Geschieberöhre kann die Anzahl Kiesbaggerungen in den Oberwasserkanälen reduziert und gleichzeitig sichergestellt werden, dass stets ein grosser Teil des zuströmenden Geschiebes dem natürlichen Flusslauf zurückgegeben wird», erklärt Andreas Doessegger.

Öffentlich zugängliche Onlinetools

Eines der Hauptergebnisse des Projekts ist das «FIThydro Decision Support System», das bei der Planung und Beurteilung von Wasserkraftwerken eingesetzt werden kann. Der Nutzer kann Angaben über den Typ des Kraftwerks, seinen Standort, die im Gewässer lebenden Fische und andere Besonderheiten in das Onlinetool eingeben. Unter Berücksichtigung der umweltpolitischen Vorgaben und internationalen Richtlinien errechnet die Software mit diesen Daten den Grad der Umwelt- und Fischgefährdung und empfiehlt Verbesserungsmassnahmen.

Im Rahmen des Projekts ist ausserdem ein Wiki entstanden, eine Sammlung von Informationen und Beiträgen im Internet. «Es existieren in jedem Land andere Vorgaben, aber die Vernetzung untereinander ist noch nicht so gut», sagt Rutschmann. «So ist zum Beispiel bei einem Problem oft nicht bekannt, dass es bereits Massnahmen oder Lösungen gibt, die woanders erprobt wurden und als effizient gelten. Wir hoffen, durch das Wiki die Wissensvernetzung zu unterstützen.»