Seit 2016 betreibt die EWD AG in Davos Platz den Wärmeverbund «Arkaden». 2021 hat sie in der zweiten grossen Etappe mehrere Liegenschaften neu ans Wärmenetz angeschlossen. Künftig werden jährlich rund 2’900 MWh umweltfreundliche Wärme geliefert und so rund 765 Tonnen CO2 eingespart. Nach den beiden Etappen der letzten Jahre stehen im Versorgungsgebiet des Wärmeverbunds nun einzelne Anschlüsse zur Verdichtung des Wärmenetzes an.
Beim zweiten Wärmeverbund «Bünda» versorgt die EWD AG die angeschlossenen Liegenschaften seit Oktober 2020 mit erneuerbarer Wärme. Pro Jahr werden 160'000 Liter Heizöl ersetzt und 380 Tonnen CO2 vermieden. Im Jahr 2021 wurden auch hier neue Liegenschaften an die Wärmeleitungen angeschlossen. Die erstellte Heizzentrale bewährt sich im laufenden Betrieb bestens: Verbrauchsspitzen, die im Winter bei tiefen Temperaturen und hoher Belegung der Liegenschaften auftreten, lassen sich jederzeit sicher abdecken.
Grundwasser als Wärmequelle
Für die Realisierung des dritten Wärmeverbunds «Ried Nord» hat die EWD AG 2021 eine Probebohrung erfolgreich durchgeführt. Dem neuen Wärmenetz steht somit nichts mehr im Wege. Die ersten Projektarbeiten für die Grundwasser-Wärmenutzung und für die Planung des Verbunds sind angelaufen. Die Realisierung ist im Jahr 2023 vorgesehen: ein nächster wichtiger Schritt zur nachhaltigen Wärmeversorgung in Davos.
Mit weiteren Wärmeverbundprojekten und Einzelanlagen für Mehrfamilienhäuser wird die EWD AG den CO2-Ausstoss auch künftig noch mehr verringern. Damit trägt sie wesentlich zur Energiestadt Davos und zum Gemeinschaftsprojekt «Davos Klima 2030» bei, das vor allem durch die Gemeinde Davos sowie durch die Destinationsorganisation Davos vorangetrieben wird. Das Ziel von «Davos Klima 2030»: Davos ist bis 2030 der erste klimaneutrale Ferienort der Schweiz.
«Unsere Fachkompetenz und das Vertrauen der Bevölkerung sind entscheidende Erfolgsfaktoren»
Im Gespräch mit Stefan Müller, Geschäftsbereichsleiter Produktion & Contracting der EWD AG
Welchen Stellenwert haben die Wärmeverbünde in Ihrer Unternehmensstrategie?
Stefan Müller: In unserer Strategie 2025 sind Dienstleistungen für Gebäude und Wärme eine der zentralen Prioritäten – seien es Wärmeverbünde, Wärme-Contracting für Mehrfamilienhäuser oder energienahe Gebäudedienstleistungen, zu denen auch die Photovoltaik zählt.
Waren Sie schon vor den Wärmeverbünden in diesem Bereich tätig?
Ja. Seit 1998 realisieren wir Contracting-Anlagen. Doch weil das Finanzierungs- und Betriebsmodell erklärungsbedürftig ist, sprachen unsere Kundinnen und Kunden lange Zeit nicht stark darauf an. Erst 2016 mit dem ersten Wärmeverbund ist die Wärmeversorgung Teil unserer Strategie geworden.
Inzwischen haben Sie bereits zwei Wärmeverbünde umgesetzt. Was waren dabei die Erfolgsfaktoren?
Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist sicher das Vertrauen der Davoser Bevölkerung, das die EWD AG als lokaler Energiedienstleister geniesst. Es hilft uns im Wettbewerb mit auswärtigen Unternehmen, die in Davos ähnliche Projekte beabsichtigen. An zweiter Stelle sehe ich unsere Fachkompetenz und die Ausdauer. Diese braucht es sowohl am Anfang, um genügend Kundinnen und Kunden von einem Anschluss zu überzeugen, als auch später bei Netzverdichtungen. Ein dritter Erfolgsfaktor ist das revidierte kantonale Energiegesetz, das die aktuellen Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) umsetzt. Seit dem 1. Januar 2021 lässt sich eine alte Ölheizung nur noch kombiniert mit zusätzlichen Massnahmen durch eine neue ersetzen. Dadurch befassen sich mehr Hauseigentümerinnen und -eigentümer mit nachhaltigen Heizlösungen. Nicht zuletzt haben uns die gestiegenen Ölpreise bei der Akquise geholfen.
Bei Ihnen in Davos gibt es noch lange und kalte Winter. Wie beeinflusst das Ihre Wärmeprojekte?
Wir müssen die ganze Infrastruktur auf den Spitzenbedarf im Winter ausrichten. Dieser ergibt sich nicht nur durch die tiefen Temperaturen, sondern genauso durch den Tourismus mit starker Belegung in Ferienwohnungen und Hotels während der Wintersaison. Wir müssen darum gewisse Faktoren in der Auslegung anders werten als Betreiber von Wärmeverbünden im Mittelland.
Was machen Sie anders?
Die konsequente Ausrichtung auf den Spitzenbedarf zeigt sich etwa bei den grösseren Leitungsquerschnitten. Zudem sind an unseren Wärmeverbund «Arkaden» mehrere Hotels angeschlossen. Sie haben besonders hohe Anforderungen an die Versorgungssicherheit und die Verfügbarkeit. Daher umfasst dieser Wärmeverbund als Redundanz zusätzlich zum erneuerbaren Wärmeerzeuger nicht bloss einen, sondern zwei Ölkessel.
Was raten Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen anderen Energieunternehmen, die ebenfalls Wärmeverbünde planen?
Wie schon erwähnt, braucht die Akquise von Kundinnen und Kunden einen langen Atem und Überzeugungskraft – vor allem, wenn Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften die Entscheidungen im Gremium treffen. Es hilft wenig, zeitlich Druck zu machen. Die Zustimmung zum Anschluss einer vielfältigen Eigentümerschaft ist ein Prozess, den man gemeinsam durchmachen muss. Es empfiehlt sich auch, schon bei der Planung an den späteren Betrieb zu denken und diesen zu optimieren. Die dafür nötigen konzeptionellen und technischen Massnahmen sorgen bei der Realisierung anfänglich teils für grössere Investitionen. Über eine Betriebszeit von 30 Jahren machen sie sich aber langfristig bezahlt.