LNG-Pilotversuch der Regio Energie Solothurn: Test bestanden!

Als erste Schweizer Gasversorgerin hat die Regio Energie Solothurn im vergangenen Jahr einen Pilotversuch für LNG-Einspeisungen durchgeführt. Die Erfahrungen zeigen: Die Technologie funktioniert. Damit ist der Weg auch frei für Lieferungen von verflüssigtem Biogas.

Seit dem Lieferstopp Russlands über die wichtigste Gaspipeline Nord Stream 1 spielt LNG eine zentrale Rolle für die Gasversorgung Westeuropas. In die Schweiz gelangt das verflüssigte Erdgas konventionell über das internationale Transportnetz. Die Umwandlung in den gasförmigen Zustand – das sogenannte Verdampfen – geschieht direkt bei den grossen LNG-Terminals, wo das verflüssigte Erdgas per Schiff angeliefert wird.

Doch was bedeutet es für einen Schweizer Gasversorger technisch und logistisch, sich verflüssigtes Erdgas (LNG) oder Biogas (LBG) liefern zu lassen und es erst vor Ort zu verdampfen und ins Gasnetz einzuspeisen? Dies testete die Regio Energie Solothurn im vergangenen Jahr in einem Pilotversuch.

Mit Gas Strom produzieren bei Mangellage

Die Idee dahinter: LNG und künftig auch LBG kann gleich doppelt zur Versorgungssicherheit beitragen – für die Gas- und die Stromversorgung. Denn nebst der Einspeisung ins Gasnetz lässt sich das Gas bei Bedarf auch für den Betrieb des Blockheizkraftwerks (BHKW) im Hybridwerk der Regio Energie Solothurn nutzen.

Das BHKW ist seit dem 15. Februar 2024 Teil der Winterstromreserve des Bundes, die jeweils von Mitte Februar bis Ende April bereitgestellt wird. «Bei einer Stromknappheit würde unsere Anlage wertvolle Energie ins Stromnetz einspeisen und so zu dessen Stabilisierung beitragen», sagt Thomas Schellenberg, Leiter Energie und Mitglied der Geschäftsleitung.


Thomas Schellenberg, Leiter Energie und Mitglied der Geschäftsleitung der Regio Energie Solothurn

Der Pilotversuch für LNG-Einspeisungen erfolgte auch im Hinblick auf diese Beteiligung an der Winterstromreserve: «Als wir die ersten Gespräche dafür führten, bestand seitens des Bundes die Forderung, der Brennstoff für unser BHKW müsste physisch vor Ort gelagert sein – ähnlich wie der Diesel bei Notstromaggregaten. Mit dem Pilotversuch wollten wir die dafür nötigen Prozesse durchspielen und Erfahrungen sammeln.»

Das Gas-Glossar: Was diese Abkürzungen bedeuten

  • LNG ist die Abkürzung für «Liquefied Natural Gas», was auf Deutsch «Verflüssigtes Erdgas» bedeutet. Durch das Abkühlen auf –162°C geht Erdgas vom gasförmigen in den flüssigen Zustand über. Das Volumen reduziert sich dabei um den Faktor 600, sodass sich LNG verschiffen und über weite Distanzen transportieren lässt.
  • LBG bedeutet «Liquefied Biogas». Es besteht wie LNG vorwiegend aus Methan (CH4), hat die gleichen Eigenschaften und wird nach dem gleichen Verfahren verflüssigt. Das abgekühlte Gas ist aber kein fossiles Erdgas, sondern erneuerbares Gas. Teilweise wird LBG auch als Bio-LNG bezeichnet.
  • LPG steht für «Liquefied Petroleum Gas» und wird mit «Flüssiggas» übersetzt. Sein Hauptbestandteil ist Propan, das beim Raffinieren von Erdöl und Erdgas anfällt, manchmal ergänzt durch Butan. Häufig wird die Abkürzung LPG für den Mobilitätsbereich benutzt und mit «Autogas» gleichgesetzt – nicht zu verwechseln mit CNG.
  • CNG ist die Abkürzung für «Compressed Natural Gas». Die Bezeichnung wird ausschliesslich im Mobilitätsbereich verwendet und meint Erdgas oder Biogas als Treibstoff. In der Schweiz beträgt der durchschnittliche Biogas-Anteil von CNG rund einen Viertel.

LNG-Lieferungen in Isoliercontainern

Im Rahmen des Pilotversuchs erhielt die Regio Energie Solothurn zwei Lieferungen von insgesamt 38 Tonnen LNG, was 500 MWh entspricht. Das LNG gelangte in speziellen Isoliercontainern zum Hybridwerk in Zuchwil (SO). Das verflüssigte Gas hielt sich darin selbst kühl, eine externe Kühlung war nicht nötig.

Um LNG wieder in den gasförmigen Zustand umzuwandeln, wird ihm Wärme zugeführt. Diese Verdampfung erfolgt bereits bei normalen Lufttemperaturen. Die Regio Energie Solothurn installierte dazu neben der Druckreduzier- und Messstation (DRM-Station) beim Hybridwerk eine Verdampfereinheit. Über die DRM-Station wurde das Gas mit einem Druck von rund 5 bar ins Gasnetz eingespeist.


Wertvolle Erfahrungen gesammelt

Das Fazit der Regio Energie Solothurn zum Pilotversuch fällt positiv aus: «Logistisch hat alles bestens funktioniert. Und auch die technische Handhabung bei der Einspeisung erwies sich insgesamt als unproblematisch», sagt Thomas Schellenberg. «Kleinere technische Startschwierigkeiten – etwa mit der Eisbildung beim Entleeren der Isoliercontainer – konnten wir gut lösen.»

Hat sich der Pilotversuch also gelohnt? «Ja, wir sind froh, ihn gemacht zu haben», so Thomas Schellenberg. «Denn dadurch haben wir wertvolle Erfahrungen gesammelt. Jetzt sind wir bereit für weitere Lieferungen von verflüssigtem Gas.»


LBG statt LNG im Fokus

Allerdings denkt die Regio Energie Solothurn dabei inzwischen weniger an LNG. Dies aus zwei Gründen: Erstens hat sich die Versorgungslage sowohl im Gas- als auch im Strombereich stabilisiert, sodass LNG-Lieferungen derzeit nicht nötig sind. Zweitens besteht für BHKWs, die für die Winterstromreserve genutzt werden, die Forderung nach einer Brennstofflagerung vor Ort nicht mehr. Zwar erhöht die Möglichkeit einer physischen Lieferung von verflüssigtem Gas die Versorgungssicherheit zusätzlich. Grundsätzlich dürfen die BHKWs aber auch mit Erdgas aus dem Netz betrieben werden.

Anstelle von LNG legt die Regio Energie Solothurn ihren Fokus nun auf Lieferungen von LBG: «Da es in der Schweiz zu wenig Biogas gibt, ist importiertes LBG für uns eine interessante Option. Gegenüber einer Biogas-Beschaffung auf Basis ausländischer Biogas-Zertifikate hat physisch geliefertes LBG den grossen Vorteil, dass keine CO2-Abgabe anfällt. Dank unseres erfolgreichen Pilotversuchs können wir diese Lösung weiterverfolgen.»

Swisspower Green Gas AG prüft LBG-Importe

Physische LBG-Lieferungen haben ein grosses Potenzial. Dieser Meinung ist auch die Swisspower Green Gas AG. Denn LBG erfüllt wichtige Anforderungen, welche die Beschaffungsgesellschaft an erneuerbares Gas hat. Dazu gehört neben der Befreiung von der CO2-Abgabe beim Import auch eine gute Nachverfolgbarkeit der Herkunft. Lieferverträge lassen sich direkt mit den Produzenten abschliessen. Deshalb prüft die Swisspower Green Gas AG derzeit verschiedene Möglichkeiten zur Beschaffung von LBG. Ihr Ziel ist es, für interessierte Schweizer Stadtwerke die Lieferung von LBG bis zur Netzeinspeisung zu übernehmen.