Was hat den ESB motiviert, das Programm KMU-Effizienz zu lancieren?
David Chaignat: Die Energieeffizienz zu steigern, ist bei uns als Ziel in der Eignerstrategie und in der Unternehmensstrategie verankert. Schon in der Vergangenheit haben wir mehrmals Offensiven dafür lanciert, die aber immer wieder versandet sind. Mit «éco21» von SIG haben wir dann ein bestehendes, modulares Programm entdeckt, das funktioniert. Für den Anfang haben wir uns auf zwei Massnahmenpakete fokussiert: auf «Ecologement» für Privathaushalte und auf das Angebot «Efficience PME», das spezifisch auf eher kleine KMUs zugeschnitten ist. «Ecologement» haben wir im Jahr 2020 gestartet, «Efficience PME» im Jahr 2022.
Das Programm richtet sich an KMUs mit einem jährlichen Stromverbrauch von weniger als 100 MWh. Warum sprechen Sie gerade diese Zielgruppe an?
Weil Firmen mit einem solchen Energieverbrauch zwischen Stuhl und Bank fallen. Sie haben einen anderen Beratungsbedarf als Haushalte. Gleichzeitig ist ihr Verbrauch zu klein, um von typischen KMU-Angeboten wie der Energieberatung PEIK von EnergieSchweiz zu profitieren. Mit dem Programm KMU-Effizienz schliessen wir diese Lücke.
Welchen Beratungsbedarf haben solche KMUs bezüglich Energieeffizienz?
Viele dieser Firmen wissen zwar: Sie sollten etwas tun, um ihre Energieeffizienz zu verbessern. Doch im Tagesgeschäft fehlt ihnen schlicht die Zeit, das Thema anzupacken. Hinzu kommt: Anders als bei grösseren Unternehmen ist die Energie für sie kein so grosser Kostenpunkt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Deshalb holen wir diese KMUs mit einfachen, kostenlosen Beratungen ab. Bei Gewerbebetrieben besteht oft Beratungsbedarf zu den Maschinen. Und KMUs mit Ladenlokal beraten wir unter anderem zu Kühlgeräten und zur Beleuchtung.
Warum bieten Sie den Unternehmen für die Umsetzung von Massnahmen eine Effizienzprämie?
Nach einer Beratung erhalten die Unternehmen immer einen Kurzbericht. Dieser zeigt zwei Arten von Massnahmen auf: Zur ersten Kategorie gehören einfache, schnell umsetzbare und günstige Massnahmen wie etwa Zeitschaltuhren. In die zweite Kategorie fallen Massnahmen, die grössere Investitionen erfordern – und hier greift die Effizienzprämie. Ein Beispiel: Bei älteren Gewerbebauten kommt es vor, dass auf jedem Stock ein eigener Elektroboiler für die Sanitäranlagen installiert ist. Diese Boiler heizen das ganze Jahr über voll durch, obwohl nur ab und zu jemand mit warmem Wasser die Hände wäscht. Dank der Möglichkeit, eine Effizienzprämie zu beantragen, wird ein solcher energetischer Missstand eher beseitigt.
Wie wichtig ist die Prämie für den Erfolg des Programms?
Sie ist wichtig, damit auch aufwendige Massnahmen mit grossem Spareffekt realisiert werden. Aber unsere Erfahrung zeigt: Die meisten KMUs bevorzugen Massnahmen, die sie sofort umsetzen können.
Wie finanzieren Sie die Prämie und das ganze Programm?
Über unseren Fonds für Energieeffizienz, der über eine Abgabe auf den Strom gespeist wird. Deshalb ist das Programm auf die Stadt Biel beschränkt.
Wie kommt das Programm bei den KMUs an?
Es befindet sich nach wie vor im Aufbau. Aber wir erhalten bereits sehr gutes Feedback. Was wir feststellen: Längst nicht alle Massnahmen, die unsere Berater:innen vorschlagen, werden umgesetzt – obwohl sich das oft auch finanziell lohnen würde.
Welche weiteren Erkenntnisse haben Sie in den ersten zwei Jahren des Programms gewonnen?
Es bewährt sich, auf Bestehendem aufzubauen, wie wir es mit «éco21» von SIG getan haben. Doch auch ein solches Programm muss an die eigene Situation angepasst und laufend weiterentwickelt werden. So haben wir zum Beispiel die Teilnahmemöglichkeiten verändert. Zu Beginn war das Programm nicht auf unserer Website ausgeschrieben. Stattdessen kontaktierten unsere Energieberater:innen die Firmen quartierweise. Inzwischen können sich die KMUs selbst bei uns melden. Eine weitere wichtige Erkenntnis: Es war die richtige Entscheidung, die Beratungen von externen Fachpersonen und nicht von unseren eigenen Mitarbeitenden durchführen zu lassen.
Warum haben Sie sich dafür entschieden?
Wir wussten nicht, wie sich die Nachfrage nach den Beratungen entwickeln würde. Deshalb wollten wir keine zusätzlichen Mitarbeitenden einstellen, die dann möglicherweise zu wenig ausgelastet gewesen wären. Stattdessen haben wir einen Pool von rund zehn externen Energieberater:innen aus der Region aufgebaut. Das war nicht ganz einfach, weil die Beratung von Gewerbebetrieben ein grösseres technisches Verständnis erfordert als die von Haushalten – etwa für Produktionsanlagen und Themen wie Blindenergie. Nicht zuletzt sollten die Energieberater:innen in Biel zweisprachig sein. Inzwischen haben sie sich gebührend eingearbeitet und einen guten Draht zu den Firmen gefunden.
Welche weiteren Tipps geben Sie anderen Stadtwerken, die ein ähnliches Effizienzprogramm lancieren wollen?
Sie sollten das Programm intern gut positionieren und klären, wo es organisatorisch am besten angesiedelt wird. Bei uns gehört es zum Vertrieb, weil wir es als Dienstleistung verstehen. Für den Anfang empfiehlt sich ein Pilotversuch mit einzelnen Energieberater:innen, die das Stadtwerk schon kennt, und wenigen Kund:innen. Aufgrund der Erfahrungen lässt sich das Programm dann schrittweise ausbauen und anpassen. Dazu gehört auch, sich rasch von Berater:innen zu trennen, mit denen die Zusammenarbeit zu wenig gut funktioniert. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist zudem, das Angebot unkompliziert und niederschwellig zu halten. Wenn es für die KMUs mit administrativem Aufwand verbunden ist und sie zum Beispiel Formulare ausfüllen und Unterlagen bereithalten müssen, schreckt das viele Firmen ab. Nicht zuletzt braucht ein solches Programm einen langen Atem und eine regelmässige Kommunikation. Darum werden wir alle Bieler KMUs demnächst nochmals anschreiben.
Welche Möglichkeiten für die Zusammenarbeit von Stadtwerken sehen Sie bei solchen Effizienzprogrammen?
Ich erachte einen regelmässigen Erfahrungsaustausch als sinnvoll, wie ihn etwa die Plattform «Energy Savers» von Swisspower anstrebt. Es gibt viele gemeinsame Herausforderungen im Bereich der Energieeffizienz, die sich mit vereinten Kräften zielführender meistern lassen. Gerade das Ja zum Stromgesetz bietet den Stadtwerken die Chance, erfolgreiche Modelle wie «éco21» gemeinsam weiterzuentwickeln, um sie dann lokal und individuell umzusetzen.
So funktioniert das Energieeffizienzprogramm für KMUs
Beim Programm KMU-Effizienz des ESB besuchen die Energieberater:innen die teilnehmenden Unternehmen für eine kostenlose Energieberatung. Dabei werden Sofortmassnahmen umgesetzt und ein spezifisch auf das Unternehmen zugeschnittener Massnahmenplan erstellt. Für die Umsetzung des Massnahmenplans können die Unternehmen beim ESB eine Effizienzprämie von 25 Prozent der Investitionskosten – maximal 20'000 Franken – beantragen. Nach erfolgter Beratung erhalten die Unternehmen ein Label, das ihr Engagement auszeichnet. Weitere Infos finden Sie hier.