Erste Kundin am Fernwärmenetz der Energie Thun AG

Die Energie Thun AG hat in ihrem Projekt Fernwärme einen Meilenstein erreicht: Mit der Wohnbaugenossenschaft Schönau ist eine erste Kundin ans Fernwärmenetz angeschlossen worden. Ein Blick zurück und wie die Energie Thun AG Hürden auf diesem Weg erfolgreich gemeistert hat.

Vor rund sechs Jahren entstand die Idee, die Abwärmenutzung der KVA Thun auszubauen. Bisher belieferte deren Betreiberin, die AVAG, wenige grosse Abnehmer mit insgesamt zirka 60 GWh Fernwärme pro Jahr. Die Energie Thun AG hingegen betrieb keine Wärmenetze.

Die Gelegenheit, dies zu ändern, bot sich mit der neuen Strategie der AVAG. Sie sieht vor, bis 2038 die Wärmeproduktion auf jährlich 120 GWh zu verdoppeln. Für das Vorhaben suchte die AVAG Partner – und fand sie in der Energie Thun AG und dem Steffisburger Energieversorger NetZulg AG. Gemeinsam gründeten die drei Unternehmen 2018 die Fernwärme Thun AG und legten klare Rollen fest: Die AVAG einerseits produziert die Wärme, die Energie Thun AG und die NetZulg AG andererseits erstellen die Wärmenetze und sind für die Feinverteilung der Fernwärme im jeweiligen Versorgungsgebiet zuständig.

Projekt mit Huhn-Ei-Problem

Beim Endausbau in 10 bis 15 Jahren will die Energie Thun AG ihren Kundinnen und Kunden rund 40 GWh Fernwärme pro Jahr liefern. Angesichts der hohen Investitionen von mehr als 35 Mio. CHF ist ein wirtschaftlicher Business Case unerlässlich.

Dabei stand die Energie Thun AG allerdings vor einer Herausforderung: Ohne verbindlichen Realisierungsentscheid und ohne genaues Pricing würden grosse Kunden kaum Wärmelieferverträge unterzeichnen. Ohne die Zusagen der Kunden wiederum würde der Verwaltungsrat kein grünes Licht für die Realisierung geben.

Absichtserklärungen als Planungshilfe

Die Energie Thun AG löste das Huhn-Ei-Problem mithilfe von Absichtserklärungen: «Diese waren rechtlich zwar nicht bindend, aber doch so konkret, dass sie uns die weitere Planung und die Erstellung eines Business Cases ermöglichten», sagt Bruno Guggisberg, Projektleiter Fernwärme.

Eine zweite Herausforderung war das Timing. Damit sich die Kunden für einen Anschluss ans Fernwärmenetz entscheiden, muss er terminlich zu ihrem geplanten Heizungsersatz passen. «Gerade bei den Schlüsselkunden ist dieses Zeitfenster meist eng», so Bruno Guggisberg. «Um es nicht zu verpassen und die Kunden zu gewinnen, haben wir ihnen wenn nötig eine Übergangslösung in Form eines provisorischen Heizsystems angeboten – rückblickend betrachtet ein wichtiger Erfolgsfaktor fürs Projekt.»

Wertvolle Rolle als Pionier

Zu den ersten Kunden, die 2019 eine Absichtserklärung unterzeichneten, gehört die Wohnbaugenossenschaft Schönau. Sie betreibt an zwei Standorten rund 340 Wohnungen, die dereinst allesamt mit Fernwärme beheizt werden. «Die Unterstützung durch diesen grossen Kunden war für uns enorm wichtig», sagt Bruno Guggisberg. «Sie schaffte Vertrauen in unser Vorhaben und liess weitere Absichtserklärungen von grösseren Überbauungen folgen.»

Aus den Absichtserklärungen sind inzwischen verbindliche Wärmelieferverträge geworden. Der Energie Thun AG liegen bereits Vereinbarungen für 20 GWh pro Jahr vor. Angesichts dieser grossen Nachfrage konnte sie Anfang 2021 mit den Bauarbeiten für die Hauptleitungen beginnen. Bis 2024 sollen sie fertiggestellt sein.

Erfolgreiche Kooperation

Dass nun die Wohnbaugenossenschaft Schönau als erste Kundin ans Fernwärmenetz angeschlossen worden ist, liegt nicht nur an der langjährigen, guten Kundenbeziehung. Die Liegenschaften befinden sich auch mitten in einem Gebiet mit hoher Anschlussdichte, das die Energie Thun AG möglichst flächendeckend mit Fernwärme erschliessen will.

Hier suchte das Swisspower-Stadtwerk einen passenden Raum für eine Druckerhöhungsanlage und fand mit der Wohnbaugenossenschaft eine Lösung, von der beide Seiten profitieren: Die Energie Thun AG realisiert die Anlage in einem der grossen Tankräume, welche die Wohnbaugenossenschaft nun nicht mehr braucht. Dadurch fällt die Anschlussleitung bis zur Übergabestation sehr kurz aus, was für die Kundin tiefere Anschlusskosten bedeutet.

Zudem hat die Energie Thun AG die regen Kontakte genutzt, um die Kundin auf weitere interessante Angebote wie das Solarcontracting «HUUSstrom» und die Ladelösung «eCarUp@home» für Mehrfamilienhäuser aufmerksam zu machen.